Hilden Land streicht Geld für Basisgruppen

Hilden · Grüne fordern Resolution. „Zwar“ hilft Senioren, sich zu organisieren. In Hilden gibt es mehr als 400 Aktive.

 Etwa 30 Netzwerker nehmen regelmäßig an den Aktivitäten der Zwar-Gruppe Hilden-Ost teil. Das Bild entstand bei einem Fahrrad-Ausflug an den Unterbacher See.

Etwa 30 Netzwerker nehmen regelmäßig an den Aktivitäten der Zwar-Gruppe Hilden-Ost teil. Das Bild entstand bei einem Fahrrad-Ausflug an den Unterbacher See.

Foto: Becker

Eine einzige Zahl verdeutlicht die Dimension, um die es geht. Mehr als 25.000 Hildener sind über 50 Jahre alt, fast die Hälfte der Einwohner. 2004 schrieb die Stadt erstmals Bürger 50plus an und lud sie ein, sich gemeinsam Gedanken zu machen, wie sie ihren dritten Lebensabschnitt gestalten wollen. Dabei wurden sie von „Zwar“ angeleitet. Der Name „Zwischen Arbeit und Ruhestand“ ist ziemlich sperrig, das Anliegen aber um so wichtiger: Es gibt immer mehr Ältere. „Vater Staat“ kann sie mit seinen klassischen Angeboten nicht mehr alle betreuen und versorgen, allein schon aus finanziellen Gründen. Deshalb sollen die Älteren selber aktiv werden, sich zusammen tun und ihre Kompetenzen und Interessen bündeln. Frei, selbstbestimmt, ohne Mitgliedsbeiträge und Vereinszwang. Das kommt dem Zeitgeist sehr entgegen. Viele wollen das genau so. Alles geht, nichts muss: Dabei sein, mitmachen, sich engagieren, aber ohne sich fest zu binden.

Das bilden die Basisgruppen perfekt ab. Viele, die dort mitmachen, teilen nicht nur die guten Zeiten, sondern sind auch in schweren Zeiten füreinander da. „Es ist eine richtig gute Gemeinschaft entstanden“, bestätigt Netzwerker Wolfgang Becker: „Ist jemand krank, dann kümmern wir uns.“ Er ist schon seit mehr als zehn Jahren in einer Basisgruppe engagiert. Ein anderer beschreibt es so: „Ich habe Menschen gefunden, mit denen ich Interessen teilen kann und außerdem hilft jeder dem anderen.“ Elf Gruppen sind in Hilden aktiv (Infos unter www.hilden50plus.de). In zwei Jahren sollte die nächste Altersgruppe an den Start gebracht werden. Das ist jetzt in Gefahr. Denn die schwarz-gelbe Landesregierung hat „Zwar“ die vollständige Streichung der Förderung zum Jahresende angekündigt, berichtet die grüne Ratsfrau Marianne Münnich. „Das hätte auch für unsere Stadt fatale Folgen. Denn ohne die Unterstützung der Zwar-Zentrale wird dies und eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Quartiere in Hilden kaum realisierbar sein.“ Die Grünen haben daher eine Resolution für die nächste Ratssitzung am 3. April eingebracht. Damit soll das Kommunalparlament die Landesregierung auffordern, die Mittelstreichung zurückzunehmen. „Die Zwar-Zentrale mit ihren speziell ausgebildeten und erfahrenen Mitarbeitern muss den Kommunen im Land weiterhin als beratender und moderierender Partner zur Verfügung stehen“, fordert Marianne Münnich.Unter www.openpetition.de können auch Bürger eine Online-Petition unterschreiben.

Das Land unterstützt „Zwar“ mit rund 600.000 Euro im Jahr. Das sind rund 90 Prozent des Budgets. Zum Vergleich: Der Landesetat hat in diesem Jahr ein Volumen von 77,9 Milliarden Euro. Die Sozialwissenschaftler Jennifer Fietz, Anne Löhr und Hartmut Meyer-Wolters haben den Nutzen der Zwar-Netzwerke untersucht (Neue Praxis 3/2017). Ergebnis: Sie aktivieren Ältere, die von Kirchen und Vereinen bisher nicht erreicht wurden. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer ist nicht ehrenamtlich engagiert. Die Selbstorganisation ist für viele attraktiv. Durch das Ausprobieren von Aktivitäten gewinnen viele neuen Mut und Selbstbewusstsein. Die Teilnehmer knüpfen neue Beziehungen zu anderen Teilnehmern und auch in ihrer Nachbarschaft. „Für die Kommunen ist diese Form (geringe Kosten, hauptamtliche Begleitung nur zu Beginn) eine gute Ergänzung zu herkömmlichen Strukturen im Bereich der Seniorenarbeit“, stellen die Wissenschaftler fest.

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