Gruiten Kur für sauberen Klang

Düsseldorf · Mitarbeiter einer Berliner Firma arbeiten zurzeit an der Orgel der evangelisch-reformierten Kirche in Gruiten. Sie wird nicht nur vom Schimmel gereinigt. Sie soll auch wieder zeitgemäß klingen. Konzerte sind auch schon geplant.

Die Tür steht auf in der kleinen evangelisch-reformierten Kirche in Gruiten, und immer wieder treten Besucher ein. In der Kirche treffen sie in auf Robert Matysiak. Er, 42 Jahre, Berliner Akzent ist kein Besucher. Er trägt weiße Gummihandschuhe und hat die Orgel zerlegt.

Auf den vorderen Kirchenbänken kann deshalb zurzeit auch niemand sitzen. Sie sind belegt mit hunderten Orgelpfeifen. An ihnen arbeitet Matysiak mit den Gummihandschuhen zurzeit. Sie müssen dringend gereinigt werden. Der Grund dafür ist: Schimmelbefall.

Eine Orgel, rund 900 Pfeifen

Der Orgelbauer ist jetzt seit etwas mehr als einer Woche in Gruiten. Die größte Pfeife der Gruitener Orgel ist gut zwei Meter lang, sagt er. Sie hat er schon mit einer Riesenflaschenbürste, Spezialstaubsauger, Tüchern und einer Alkohollösung gereinigt, bevor er sie mit Borsalz, behandelt hat.

Die Pfeife soll schließlich nicht nur sauber sein und wieder für gut 20 Jahre top klingen. Der Schimmelpilz soll auch nicht wiederkommen. Insgesamt rund 18 000 Euro kostet diese Sanierung die Gemeinde und ihre rund 2000 Gemeindeglieder. Der Großteil wird aus Spenden getragen. Und wenn die Orgel wieder in einem Topzustand ist, soll es auch Topkonzerte geben. Unter anderem hat sich Matthias Grünert, der Frauenkirchenkantor aus Dresden, angekündigt (4. September, 20 Uhr)

In den nächsten Tagen geht es jetzt aber erst mal ans Zusammenbauen. Jede der rund 900 Pfeifen der Orgel, deren Gehäuse vermutlich ab etwa 1780 in einer Mettmanner Kirche stand und um 1820 nach Gruiten kam und die zu den ältesten Instrumenten der Stadt zählt, muss wieder an ihren Platz.

Danach wird Matysiak ihnen in der letzten seiner drei Wochen in Gruiten den Feinschliff geben, sie stimmen und intonieren, also ihren neuen Klang einstellen — und der soll, wenn der Berliner fertig ist, etwas anders sein als vor der Sanierung.

Die aktuellen Pfeifen in der knapp 300 Jahre alten Orgel sind Anfang der 1990er Jahre eingebaut worden, und ihr Klang wurde damals anders eingestellt, als man es heute für zeitgemäß hält.

"Früher sollten Orgeln schärfer, strahlender und lauter klingen. Heute mag man es etwas weicher und leiser", sagt Matysiak, der über einen Onkel, der Musikprofessor war, zu seinem Job gekommen ist und beruflich um die ganze Welt reist. Dass sich auch beim Klang der Geschmack ändert, sei normal und nichts anderes als bei Autos und ihren Formen", sagt Matysiak, bevor er den Klang einer Pfeife testet, indem er mit dem Mund dort hineinpustet.

Während Matysiak täglich zehn Stunden in Gruiten putzt, pustet und horcht und immer wieder Besucher zuschauen, kommen zwei besonders oft vorbei. Einer ist Hanno Nell, der Pfarrer der Kirche, der andere Peter Metz, sein Organist.

(RP)
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