Hilden Künstler haben das Sagen

Hilden · Kunst, wohin man blickt - vom Skulpturengarten bis hinauf in die urigen Ateliers des H6. In einem arbeiten Sie schon viele Jahre und bereiten gerade für die Galerie hier eine eigene Ausstellung vor. Wie alt ist dieses Haus, und wer hat es errichtet?

 Bernd Gemeiner zeigt eine Kachel. 66 dieser Namenstafeln hängen mittlerweile im Treppenhaus des H6 und zeigen, wer sich für die Erhaltung des alten Künstlerhauses eingesetzt hat.

Bernd Gemeiner zeigt eine Kachel. 66 dieser Namenstafeln hängen mittlerweile im Treppenhaus des H6 und zeigen, wer sich für die Erhaltung des alten Künstlerhauses eingesetzt hat.

Foto: Olaf Staschik

Kunst, wohin man blickt - vom Skulpturengarten bis hinauf in die urigen Ateliers des H6. In einem arbeiten Sie schon viele Jahre und bereiten gerade für die Galerie hier eine eigene Ausstellung vor. Wie alt ist dieses Haus, und wer hat es errichtet?

Gemeiner Das war Fritz Gressard. Im Jahre 1900 brauchte er für seine Fabrik ein Kutscherhaus mit Pferdestall, Sattelkammer und Remise für Kutschen. Der erste Kutscher hieß Gerhard Brings und wohnte mit Frau und fünf Kindern im Obergeschoss. Er hatte in Königsberg als "Totenkopf-Husar" gedient.

Wann verkaufte der Hildener Fabrikant das Haus wieder?

Gemeiner Sieben Jahre später an Sanitätsrat Dr. Ellenbeck. Sein Pferd, mit dem er täglich zu seinen Patienten ritt, stand im Kutscherhaus.

Wechselhaft und spannend ist die Geschichte rund um Mieter und Nutzer. Wer lebte so alles im Kutscherhaus?

Gemeiner Nach dem ersten Weltkrieg beschlagnahmte es das britische Militär. Für die Soldaten kochte die damalige Mieterin. Kurios ist, dass ihre Kinder zuerst jede Mahlzeit vorkosten mussten, um Gift auszuschließen. Später gab es im Haus einen regen Wechsel von Mietern und Handwerksbetrieben – von der Büroklammerfabrik bis zur Schlosserei – und im Hof vom Hühnerstall bis zur Lack- und Farbengroßhandlung. Im zweiten Weltkrieg bauten sich die Bewohner draußen ihren eigenen kleinen Bunker. Den kann man heute noch im Skulpturengarten sehen.

Wie waren die Sanitär-Verhältnisse?

Gemeiner Noch bis 1979 gab es nur ein Plumpsklo, eine Wasserstelle und keine Heizung. Niemand investierte.

1977 kaufte die Stadt Hilden diesen Grundbesitz. Was hatte sie damit vor?

Gemeiner Im Zuge der Sanierung des Stadtparks wollte sie das Kutscherhaus abreißen. Geplant waren neue Parkplätze.

Was passierte dann?

Gemeiner Hildener Ratsmitglieder stellten den Antrag, für kulturelle Zwecke das Kutscherhaus zu erhalten. Sie suchten damals Mitstreiter. Mit sieben Pionieren für die Kunst wurde am 10. Februar 1979 der "Verein Haus Hofstraße 6" gegründet. Ohne städtische Mittel, nur durch die Hilfe vieler engagierter Bürger und Handwerksbetriebe, konnte das baufällige Haus in drei Jahren von Grund auf saniert werden.

Sie selbst sind ein Mann der ersten Stunde. Was hat Sie dazu gebracht?

Gemeiner Durch den damaligen Vorsitzenden des Vereins, Paul Lucas, der es verstand die Menschen zu motivieren.

Wie hoch waren die Kosten ?

Gemeiner Bis heute, in D-Mark gerechnet, etwa 500 000.

Ein außergewöhnliches Dankeschön erwartet die Menschen, die sich für die Erhaltung des Gebäudes eingesetzt haben.

Gemeiner Unten, neben der Treppe, sind kleine Namens-Täfelchen in die Wand eingemauert. Bis jetzt sind es 60 Tafeln.

Wie nutzt der Verein das H 6?

Gemeiner Alle zehn Ateliers sind hier vermietet. Wir haben ungefähr 25 Ausstellungen pro Jahr und bieten so einiges an, von Künstler-Cafés bis -Treffs.

Wie viele Mitglieder gibt es?

Gemeiner Knapp 200, eine Hälfte aktive, die andere passive Mitglieder.

Was ist am Künstlerhaus einmalig?

Gemeiner Dass es sich selbst erhält, ohne Zuschüsse. Und dass die Künstler das Sagen haben. Und dass jeder Mitglied werden kann – Künstler, kunstbegeisterte Bürger und Förderer – denen die Erhaltung des historischen Kutscherhauses am Herzen liegt.

Nächsten Freitag stellen Sie im H6 selbst aus. Das wievielte Mal?

Gemeiner "Toskanische Bilder" ist der Titel meiner 24. Ausstellung.

Astrid Schoene stellte die Fragen

(nea)
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