Hilden Kinderbetreuung: Eltern schreiben Brandbrief

Hilden · Der Finanzausschuss berät über das kontrovers diskutierte Thema am Mittwoch, 1. Dezember, um 17 Uhr im Bürgertreff Lortzingstraße 1. Die Sitzung ist öffentlich.

 Für manche Familien entsteht durch die Veränderung der Gebühren eine Mehrbelastung von über 300 Euro.

Für manche Familien entsteht durch die Veränderung der Gebühren eine Mehrbelastung von über 300 Euro.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Mit einem eindringlichen Appell haben sich Hildener Eltern an die Politik gewandt: Die Fraktionen sollen die geplanten Anpassungen der Satzungen und die damit verbundenen Beitragserhöhungen im OGS-Bereich sowie der teilweise Wegfall des Geschwisterbonus’ nicht mittragen. „Es bleibt uns zu hoffen, dass Sie uns hören und wahrnehmen, wie viele Menschen in Hilden sich eine andere, familien- und zukunftsfreundliche Finanzpolitik wünschen“, schreiben die Initiatoren der Petition „„Gegen die Erhöhung der Kinderbetreuungsgebühren in Hilden“ nun in einem Brief an die Parteien.

 „Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung durch qualifizierte Personen ist selbstverständlich auch uns Eltern das größte Anliegen. (...)  Es ist gewünscht, dass auch Mütter schnellstmöglichst in ihre erlernten Berufe zurückkehren, um den Fachkräftemangel zu lindern und über die Beiträge in die Rentenversicherung das Rentenniveau zu unterstützen. Das ist jedoch nur möglich, wenn gleichzeitig die Kinderbetreuung gesichert ist und sie nicht einen Großteil des Verdienstes beansprucht. Selbst die Beitragsstaffelung verhindert nicht, dass bei Familien mit niedrigen Einkommen auch eine geringe monatliche Zusatzbelastung unter Umständen die finanzielle Belastungsgrenze überschreitet. Das alltägliche Leben ist bekanntermaßen für Familien jetzt schon ausgesprochen kostspielig. Herr Pommer hat außerdem in seinem Interview bestätigt, dass die Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung ein Grund für die Satzungsänderung ist. Berücksicht man dies wie auch die Wahlkampfversprechen, die Familien zu unterstützen, stellt sich die Frage, warum sowohl die Konsolidierung des Haushaltes auch als die Weiterentwicklung der Kinderbetreuung nicht mit anderen Mitteln zu finanzieren ist. Wieso ist es nach wie vor leichter, von den Familien mit Kindern mehr Geld zu nehmen, als den Spitzensteuersatz anzuheben oder die Wirtschaft zu belasten? Wieso können Unternehmen, die in der Lage sind, Boni auszuzahlen, nicht dazu verpflichtet werden, einen größeren finanziellen Beitrag zur Entlastung der Kommunen zu zahlen? 

Herr Pommer spricht ebenfalls darüber, dass in Hilden die Betreuungssituation im Vergleich zu anderen Städten gut aufgestellt ist. Nun, es gibt sicher Städte, die weniger anbieten können, aber dennoch ist die Versorgung auch hier noch lange nicht ausreichend. Noch immer bangen Eltern jedes Jahr, ob sie einen Kita-Platz bekommen. Das aktuelle Betreuungssytem unterstützt außerdem in keiner Weise Eltern, die im Schichtbetrieb arbeiten. Ist ein oder wohlmöglich beide Eltern im Schichtbetrieb tätig, ist präzise Planung notwendig, um den Alltagablauf zu bewältigen. Für Alleinerziehende ist eine Berufstätigkeit im Schichtbetrieb überhaupt nur mit massiver Unterstützung durch die Familie oder Freunde möglich. Ein oder mehrere Kinder in die Betreuung zu geben und pünktlich um 7:00 bei der Arbeit zu sein, einen Spätdienst wahrzunehmen oder einen Nachtdienst, ist faktisch unmöglich. Die kommunale Anstrengungen sollten im Sinne der Gesellschaft auf einen Ausbau der Kinderbetreuung ausgerichtet sein.

Den Familien, den Kindern fehlt die Lobby. Wir haben keine Macht, mit der wir drohen können, um finanzielle Forderungen abzuwenden. Es interessiert niemanden, ob wir wegziehen und unsere Steuern woanders zahlen oder unsere Tätigkeit woanders ausüben, solange wir dabei nicht Arbeitsplätze oder große Summen Steuergelder mitnehmen. Aus ökonomischer Sicht mag das innerhalb unseres Wirtschaftssystems vielleicht nachvollziehbar sein. Für uns bleibt es kurzsichtig und rücksichtslos. Wir gestalten die Zukunft letztlich in erster Linie durch die Art, wie wir unsere Kinder großziehen. Und damit meinen wir die gesamte Gesellschaft, nicht die Eltern allein. Entspricht es der Identität der Stadt Hilden, den Familien die Unterstützung zu entziehen, um Haushaltsdefizite auszugleichen? Der Tagesordnungspunkt der Beitragsänderung  der Kinderbetreuung wurde dem Jugendhifeausschuss entzogen und an den Ausschuss für Finanzen und Beteiligung verwiesen. Soll das heißen, die Frage unserer Kinder wird in erster Linie unter finanziellen Gesichtspunkten abgehandelt? Im Ausschuss für Finanzen und Beteiligung ist der Jugendamtselternbeirat kein beratendes Mitglied und kann somit keinen Einfluss nehmen. Es entsteht der Eindruck, dass Stimmen, die die Eltern mitvertreten, aus der Entscheidungsfindung ausgeschlossen werden.

Es bleibt uns zu hoffen, dass Sie uns hören und wahrnehmen, wie viele Menschen in Hilden sich eine andere, familien- und zukunftsfreundliche Finanzpolitik wünschen.“  

Die Erhöhung der OGS-Gebühren und die Anpassung der Geschwisterregelung im Betreuungsbereich stehen zwar, wie berichtet, auf der Tagesordnung des Hauptausschusses, der an diesem Mittwoch, 17 Uhr, im Bürgertreff, Lortzingstraße tagt – diese Punkte werden jedoch in den Finanzausschuss am 1. Dezember, 17 Uhr, Bürgertreff, verschoben. Darauf macht Schuldezernent Sönke Eichner aufmerksam.

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