Hilden Kaltenborn: CDU ist nicht bürgernah

Düsseldorf · Lothar Kaltenborn wird nach seinem Austritt aus dem CDU-Ortsverband und der Fraktion zunächst als fraktionsloses Mitglied im Rat mitwirken. "Ob ich jemals wieder in eine andere Partei gehe, überlege ich mir später", sagte der 67-Jährige gestern im Gespräch mit der RP, und er gestand ein, dass es "möglicherweise mit den Unabhängigen passen könnte". Eventuell werde er auch einen eigenen Arbeitskreis "Umwelt – Sicherheit – Ordnung" (USO) gründen.

"Tunnelblick"

Kaltenborn wunderte sich über die Schnelligkeit, mit der CDU-Fraktionschef Dr. Peter Schnatenberg am Dienstagabend seinen Austritt verkündet hatte. Und er widersprach dessen Darstellung, beide hätten "viele intensive Gespräche geführt" und seien sich immer "in allen tragenden Grundsätzen der Politik einig gewesen". Kaltenborn sieht das ganz anders: Er habe dem Geschäftsführenden Vorstand gegenüber mehrfach die fehlende Bürgernähe der CDU beklagt, sagte der Mann, der bei der letzten Kommunalwahl das beste Wahlergebnis für die Partei eingefahren hatte. "Die Mitglieder müssten sich öfter mal auf den Markt stellen und bei Vereinsfesten auftauchen, um zu hören, was die Bürger wirklich bewegt", meinte der Ratsherr. Auch bei Bürgerinformationen sei die Fraktion zu wenig präsent. Diese Bürgerferne führe zu einem "Tunnelblick".

"Draufschlagen nicht gut"

Stattdessen tauche Schnatenberg mit "wohlgesetzten Worten" in der Presse auf. "Davon sind die Bürger übersättigt", so Kaltenborns Erfahrung. Er selbst sieht sich als Einzelkämpfer, etwa in dem von ihm gegründeten CDU-Arbeitskreis "SOS" und im Kampf gegen die CO-Pipeline. Er sei ein "unbequemer Typ" und wolle offene Diskussionen über die Politik der CDU, gesteht Kaltenborn ein. Das aber sei offensichtlich nicht erwünscht gewesen. Außerdem fehle ihm "das Christliche und Menschliche unter dem C", nennt er einen weiteren Grund für seinen Rückzug. Nach seinem Austritt aus dem Vorstand hätten ihn einige CDUler nicht einmal mehr gegrüßt.

Kritische Worte findet der Ratsherr auch für den Umgang der CDU mit dem politischen Gegner: "Das Draufschlagen auf Bürgermeister Thiele in der IGH-Vergabe-Geschichte fand ich nicht gut." Die CDU hätte seiner Ansicht gut daran getan, die Angelegenheit zunächst im Ältestenrat zu klären statt in der Öffentlichkeit.

Über einen solchen Stil die Christdemokraten für die nächste Kommunal- und Bürgermeisterwahl zu stärken, hält der 67-Jährige für aussichtslos. Zudem schlage die Fraktion in Sachfragen zu oft einen Zick-Zack-Kurs ein. Kaltenborns Prognose: "Die CDU wird 2014 ein Desaster erleben, wenn sie so weiter macht wie bisher."

Dass er mit dieser Meinung nicht allein steht, zeigte ein während des RP-Gesprächs eingehendes Telefonat, bei dem ein CDU-Ratsherr Kaltenborn zu seiner Courage gratulierte.

(RP)
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