Hildener Rathaussturm Jecke stürmen und regieren

Hilden · Mehrere hundert Narren und Weiber übernahmen am Donnerstag die Macht in der Stadt: Um 11.11 Uhr drängten sie, mit einem Rammbock, gegen die Tür des Bürgerhauses. Die wurde schließlich gnädig geöffnet, Baudezernentin Hoff wollte "den Haushalt schonen" und keine neue Tür bezahlen.

Altweiber 2012: Hilden und Haan feiern Karneval
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Es regnet. Deshalb stehen nicht ganz so viele Jecken wie sonst an Altweiber vor dem Bürgerhaus. Und deshalb wollen die, die da sind, auch ganz schnell rein in die gute Stube — in den alten Ratssaal im ersten Stock nämlich. Da sind aber erstmal ein paar Pfeifen vor: Die "Rathauspfeifen" (s. Info) haben die große Tür verrammelt und halten sie zu, während Bürgermeister Horst Thiele zuversichtlich ist, die Festung halten zu können: Man habe schließlich, verkündet er vom Balkon, erstmals ein Weib in den Reihen der Pfeifen — und sei deshalb auf "Altweiber" bestens vorbereitet. Die Dame sei zudem Baudezernentin und verstehe von Amts wegen schon, wie man ein Gebäude wirksam verrammelt.

"Es hat also keinen Zweck! Geht weg!" Es ist vergebens. Erst macht ein Spielmannszug Musik, dann tauchen wie aus dem Nichts die Mannschaften der uniformierten Karnevalisten auf: Musketiere und die KG Rot-Weiß, das Carnevals Comitee Hilden sowieso — und die Narren haben ihre Weiber dabei.

Die haben schließlich das Sagen, weshalb sie den Herren auch wirksam den Mund verboten haben: Die haben alle ein Pflaster vor dem Mund und müssen sich zurückhalten. Stattdessen jubeln die Möhnen. Es spricht die Prinzessin. Die Frau im Rathaus beeindrucke sie gar nicht, auf sie werde keine Rücksicht genommen, sagt Ihre Lieblichkeit ins Mikro.

Vielmehr werde man sich jetzt gewaltsam Zutritt verschaffen — und sie ruft die mundtoten Männer zu Hilfe. Die nehmen einen hölzernen Rammbock auf, der aus der Werkstatt des Prinzen stammen könnte. Der war schließlich Schreiner, bevor er zum Prinz avancierte. Mit dem Rammbock und Hau-Ruck-Rufen geht es die Tür, die bedenklich dröhnt. Da die Klügere nachgibt, entscheidet sich Pfeife Hoff schnell: "Wir können nicht noch Geld für eine neue Tür bezahlen, wir müssen an den Haushalt denken."

Spricht's — und gibt das Treppenhaus frei. Es ist voll. Die Jecken sind drin, im Ratssaal herrscht dichtes Gedränge. Der Prinz zeigt den Rathausschlüssel her, während seine Untertanen ihn umgeben und ihm zuprosten. Marktweiber sind darunter, auch Hexen, etliche Tiere der verschiedensten Gattungen sowie Pflanzen aller Art.

Für die Frauen im Stadtrat stehen Monika Buschmann (CDU), die als schwarze Katze durch die Räume tigert und Birgit Alkenings (SPD), die sich mit Perücke und Hut unkenntlich gemacht hat. Polizei und Bundeswehr haben ihre tadellos sitzenden Kostüme an — und lachen netterweise immer noch über diesen abgestandenen Witz. Wolfgang Busch, Leiter der Polizeiwache Hilden, war übrigens besonders jeck: Er hatte am Donnerstag Geburtstag.

Es bliebt friedlich, weitgehend. Drei leichte Körperverletzungen nach Prügeleien meldet die Polizei-Leitstelle am Altweiber-Abend aus der Innenstadt und dem Schauplatz Waldkaserne.

(anch)
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