Hilden Japan lässt Hildener nicht los

Düsseldorf · Die Bürgerinitiative Mut und der BUND rufen für Montag zu einer Mahnwache auf dem alten Markt auf. Der Hildener Apotheker Jürgen Wunderlich hat Jod-Tabletten für Qiagen-Mitarbeiter in Japan produziert.

Der drohende Super-GAU und die Erdbeben-Katastrophe in Japan beschäftigen viele Menschen, auch in Hilden. Die Bürgerinitiative Mut (Mit uns nicht) ruft gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Hilden für Montag, 21. März, ab 18 Uhr zu einer Mahnwache auf dem alten Markt auf. Es sei höchste Zeit, "der Atom-Lobby die rote Karte zu zeigen", sagt Vorsitzende Ursula Probst: "Wir haben es satt, dass Restrisiko mit der Statistik verniedlicht wird und Störfälle in Deutschland verschwiegen werden." Bundesweit werde am Montag zu Mahnwachen aufgerufen.

Plutonium im Mathe-Unterricht

Das Biotechnologie-Unternehmen Qiagen beschäftigt in Tokio 80 japanische Vertriebsmitarbeiter. Ihnen und ihren Familien wurde angeboten, nach Osaka auszuweichen, berichtet Pressesprecher Przemek Jedrysik. Das Unternehmen habe dort Hotels gebucht. Für den "Fall der Fälle" schickt Qiagen 500 Dosen Jod-Tabletten für die Strahlenprophylaxe nach Japan. Der deutsche Markt ist für dieses Präparat praktisch leer gefegt, musste Jürgen Wunderlich, Inhaber der Fabricius-Apotheke feststellen. Der einzige Hersteller in Österreich habe lange Lieferzeiten. Wunderlich stellte deshalb selbst Tabletten mit hoch dosiertem Kalium-Jodid her. Die Zutaten besorgte er sich bei der Hildener Firma Caelo, die mit Pharmagrundstoffen handelt. Entscheidend sei, dass die Tabletten vor einer Verstrahlung eingenommen werden. Die Ereignisse in Japan beschäftigt auch die Schulen, stellte die RP fest. In Chemie, Physik, Religion und Erdkunde griffen die Lehrer der Gesamtschule Langenfeld-Hilden das Thema in den neunten und zehn Jahrgangsstufen auf, berichtet stellvertretender Schulleiter Berthold Kuhl; er selbst auch in Mathematik: "Wir haben ausgerechnet, wie viel von 20 Kilogramm Plutonium in 100 Jahren noch da ist." Lösung: Bei einer Halbwertzeit von 24 400 Jahren sind noch 19,94 Kilogramm Plutonium vorhanden. Nur 60 Gramm sind in 100 Jahren zerfallen.

Freundin aus Tokio geflohen

Karolina Kuboth denkt viel an ihre Freundin Monika. Sie lebte mit ihrer Familie in Tokio: "Aus Angst vor einer Nuklearkatastrophe ist sie nach Südkorea geflüchtet und jetzt zu ihrer Familie nach Warschau." Bei der Katastrophe von Tschernobyl war die junge Mutter des eineinhalbjährigen Jan sechs Jahre alt. Sie kann sich noch gut an die Umstände erinnern, die Sorge ihrer Eltern und den Besuch beim Kinderarzt: "Dort bekam ich eine Jodtablette. Ich habe noch den Geschmack im Mund – wie bittere Medizin." Heinz-Georg Leder (68) ist beunruhigt: "Was machen wir eigentlich mit den radioaktiven Abfall unserer Kernkraftwerke, der 10 000 Jahre strahlt?"

(RP)
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