Haan In Haan bleiben Sehbehinderte an vielen Stellen auf der Strecke

Haan · Die ehrenamtliche Behindertenbeauftragte Gabriele Bongard kennt fast jede Stolperfalle.

 Längst nicht an allen Fußgängerüberwegen in Haan dienen Noppensteine als Orientierungshilfe für Sehbehinderte wie Gabriele Bongard.

Längst nicht an allen Fußgängerüberwegen in Haan dienen Noppensteine als Orientierungshilfe für Sehbehinderte wie Gabriele Bongard.

Foto: Ralph Matzerath

Wer sie nicht kennt oder auf sie achtet, wird sie auch nicht bemerken: die typischen Stolperfallen und Gefahrenstellen für Sehbehinderte im Haaner Stadtgebiet. Dass es sehr viele von ihnen gibt, das weiß Gabriele Bongard gut. Als Behindertenbeauftragte und zugleich Betroffene hat sie viele Stellen selbst entdeckt oder hat Hinweise von anderen Sehbehinderten erhalten. Bei einem Rundgang wird deutlich: Viele — vor allem bauliche — Lösungen erscheinen wenig durchdacht.

Rathaus Für Menschen im Rollstuhl oder mit Rollator stellt bereits die Treppe vor dem Rathaus ein unüberwindbares Hindernis dar. "Wer außerhalb der Öffnungszeiten an den Nachtbriefkasten heran will, hat keine Chance", bedauert Bongard. Außerdem seien die Stufen im Gebäude nicht markiert — aus Gründen des Denkmalschutzes. Gleiches gelte für besser lesbare Namensschilder an den Türen. "Es dürfen laut Verwaltung keine neuen Löcher gebohrt werden", stellt die Behindertenbeauftragte fest.

Ampelanlagen "Akustische Blindenampeln wurden mit Verweis auf die zu hohen Lärmemissionen abgelehnt", erklärt Bongard. Im Klartext heiße das, das Piepen, Brummen oder Summen sei zu laut. In Haan sind zwar einige Ampeln mit Vibrationsmeldern ausgerüstet, aber: "Die sind teilweise zu schwach. Wer Handschuhe trägt, spürt nichts", bemängelt die Expertin. Zudem gebe es zu viele verschiedene Systeme — und an manchen Stellen gar keins: An der Kreuzung Zwengenberger/Kampstraße zum Beispiel fehle jeder Hinweis, was die Ampel anzeige.

Kanten/Ecken/Bordsteine Das Pflaster in der Innenstadt weist an vielen Stellen Löcher auf, die gefährlich werden können: für die Nutzer von Rollatoren ebenso wie für Sehbehinderte, die mit ihrem Stock hängenbleiben. "Der verkehrsberuhigte Bereich der Friedrichstraße ist nicht zu ertasten, weil Noppensteine oder Ähnliches fehlen. Für Rollstuhlfahrer wurde hier bewusst eine sogenannte Nullabsenkung gebaut", erläutert die Behindertenbeauftragte. Stichwort Noppensteine: Diese sind laut Bongard inzwischen zwar häufiger an Fußgängerüberwegen zu finden, an der Ampel Kaiserstraße jedoch erst direkt vor der Fahrbahn, weit weg vom Ampelmast. Die Einfahrt zur Tiefgarage Neuer Markt sei nicht gekennzeichnet. "Nichts deutet darauf hin, dass hier Autos den Fußweg kreuzen", moniert Bongard.

Bodengestaltung In der Innenstadt vermisst Bongard ein durchgängiges Leitliniensystem für Sehbehinderte: Wer sich an der Pflasterung orientiere, lande schon einmal gerne in einem Blumenbeet (Friedrichstraße), im Brunnen (Alter Markt) oder in der Außenbestuhlung eines Eiscafés (oberer Neuer Markt). Der nachgebildete Bachlauf (unterer Neuer Markt) sei keine Hilfe. "Da läuft man dann im Zickzack herum", kritisiert Bongard.

Beschilderung Am Bahnhof wäre sie schon mit einem einfachen Schild zufrieden, das den Weg zur Bushaltestelle weist. "Das wäre für alle hilfreich", betont Bongard, "ebenso wie ein akustisches Verkehrsleitsystem am Knotenpunkt Alter Markt." Doch auch zu viele Schilder können gefährlich werden: Die zahlreichen Werbeaufsteller mitten auf den Wegen seien vermeidbare Stolperfallen.

(RP)
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