Kreis Mettmann Im "Kühlen Grund" ging ohne Schnaps gar nichts

Kreis Mettmann · So mancher Gasthof im Neanderland hat eine lange Geschichte. Das gilt auch für das Schwarzwaldhaus und das Becherhus.

 Das Haaner "Becherhus" galt seinerzeit als erstes Haus am Platz.

Das Haaner "Becherhus" galt seinerzeit als erstes Haus am Platz.

Foto: geschichtsverein, archiv pabst

Wandert man durchs Neanderland, stellt es sich irgendwann ein: Dieses große Bedürfnis, auch mal irgendwo Rast machen zu können. Und dann, am Biertisch sitzend, hat man eigentlich nur die kühle Erfrischung im Sinn. Dabei hätten die alten Gemäuer zuweilen einiges zu erzählen über das Leben in ihnen und um sie herum. Wir haben uns auf die Suche gemacht nach diesen Geschichten und sind dabei unter anderem auf die vom "Kühlen Grund" gestoßen, in der ohne Schnaps früher gar nichts ging.

Zumindest nicht für Jacob Pabst, der seinen Gästen den leckeren Tropfen auf keinen Fall vorenthalten wollte. Von seinem Job als Schmied bei den Rheinisch-Westfälischen Kalkwerken hatte der ambitionierte Wirt offenbar genug. Also wurde auf dem Flurstück 45 gebaut und im Keller des Lokals nicht nur Bier abgefüllt und ausgeliefert.

 Im "Kühlen Grund" wurde Hochprozentiges unter der Ladentheke verkauft, meist an die Kalkwerker.

Im "Kühlen Grund" wurde Hochprozentiges unter der Ladentheke verkauft, meist an die Kalkwerker.

Foto: Archiv Pabst

"Unser Ururgroßvater brachte von seinen Liefertouren auf dem Pferdewagen auch oft ein Fässchen Schnaps mit. Der wurde dann trinkfertig verschnitten und unter der Ladentheke verkauft", plaudert Markus Schulte aus dem Nähkästchen. Die Kalkwerker seien auf dem Weg zur Arbeit eingekehrt und einige übernachteten regelmäßig in einem der neun Fremdenzimmer. Zur Selbstversorgung lebten mit der Familie Ziegen, Pferde und Hühner auf dem Grundstück.

Übrigens: Mehr als fünf Jahrzehnte kam derselbe Brauereivertreter alle zwei Wochen vorbei. "Früher kam er zu Fuß, besuchte alle umliegenden Lokale und gab den Gästen und sich selbst einen aus", erinnert sich Markus Schulte an vergangene Zeiten. Mehr als ein Jahrhundert blieb das Lokal im Familienbesitz, mittlerweile ist es verpachtet. Auf der Speisekarte findet man dort immer noch auch die bergische Küche.

Im Mettmanner Schwarzwaldhaus hingegen kann man vor allem eines tun: Tanzen. Blättert man dort durch die Annalen, so ist seit der Eröffnung im Jahre 1911 vom "ersten Haus am Platze" die Rede. Über Jahrzehnte hinweg war das Tanzlokal auch über die Stadtgrenzen hinaus eine der angesagtesten Adressen. Wer sich dort in den 1920er Jahren im Jugendstilsessel niederließ, gehörte zur gehobenen Gesellschaft. Als man schließlich mit dem Auto anreisen durfte, warb das Haus nicht nur mit Gondelteich und Palmengarten, sondern auch mit einer Tankstelle und der Tatsache, dass die teuren Karossen dort bewacht wurden. Noch heute hört man hier und dort Geschichten aus längst vergangenen Zeiten. So wie die von Martha Gasper. Die Kriegswirren lagen hinter der Mettmannerin, die im Schwarzwaldhaus einen guten Arbeitsplatz gefunden hatte. Vor allem an den Wochenenden hatte Martha Gasper hinterm Tresen alle Hände voll zutun. Die Buffethilfe servierte Schnittchen und Getränke. An den Wochenenden herrschte Hochbetrieb im beliebten Ausflugslokal. "Sie war fleißig, willig und ehrlich. Ich kann sie jedem empfehlen", lobte Heinrich Haase seine Angestellte später in einem Arbeitszeugnis. In den Nachkriegsmonaten des Jahres 1946 musste er in seinem Lokal Platz für Menschen schaffen, die der Krieg in die Obdachlosigkeit getrieben hatte. "In der oberen Etage waren vorübergehend die ehemaligen Zwangsarbeiter aus der Umgebung untergebracht. Im Untergeschoss und der Kegelbahn wohnten Flüchtlinge", berichtet der jetzige Inhaber Timm Eich aus der Chronik des Hauses.

Dort ist übrigens auch nachzulesen, wer nach der Wiedereröffnung im Jahre 1946 zur ersten Betriebsfeier eingeladen hatte: "Das war das Verlagshaus der Rheinischen Post in Düsseldorf", verrät Timm Eich. Getanzt wird im Stadtwaldhaus übrigens immer noch. Heute allerdings unter einer Diskokugel und zu Klängen aus der Musikbox.

Und dann ist da noch das Haaner "Becherhus". Für Emil Barth war es "Das verlorene Haus". Was mag den bekannten Haaner Lyriker Emil Barth wohl dazu bewogen haben, eine seiner Erzählungen so zu nennen und sich darin Jahrzehnte später an seine Kinderstube im "Haaner Becherhus" zu erinnern? Folgt man dem Essayisten in seine Kindertage, so lebt darin vieles aus der guten alten Zeit. Ein strenges und nörglerisches Fräulein Grimberg soll es dort gegeben haben. "Eine vermögliche Dame von nicht näher bestimmbaren Alter" notiert Barth in seinen Aufzeichnungen. Und dann war da dieser unsägliche Staub. "Sie hatte den Putzteufel im Leib. Die Existenz des Staubes auf dieser Erde war eine empörende Tatsache, die Fräulein Grimberg zu verwischen trachtete.

Wobei sie leider vergaß, dass auch sie selber aus Staub gemacht sei und einstmals wieder zu Staub verfallen werde", vermerkte Barth nicht ohne Humor. Staub war offenbar über Jahre hinweg das alles überragende Thema im Barth´schen Kinderleben und im Haaner "Becherhus". Die Kinder wirbelten ihn auf, Fräulein Grimberg sammelte ihn ein. Für den Literaten schien das Haus schon früh verloren gewesen zu sein, mit seiner Gastwirtschaft galt es dennoch als erstes Haus am Platze.

Wer etwas auf sich hielt, traf sich am Abend in der Gaststube. Auch darauf hatte der jugendliche Emil Barth übrigens ein aufmerksames Auge geworfen: "Die Gaststube wurde abends von gewichtigen Amtspersonen besucht.

Man konnte nicht leicht einen Schanktisch finden, der so mit allem Glas und Nickel blitzte und an welchem Steinhäger und Korn mit so viel Anstand ausgeschenkt und getrunken ward."

(RP)
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