Hilden Hilfe für Frühchen-Mütter

Hilden · Seit einem halben Jahr läuft jetzt erfolgreich die erste Hildener Selbsthilfe-Gruppe für Mütter mit frühgeborenen Kindern. Gründerin Joana Austen ist froh darüber und motiviert – sie plant weitere Gruppen und Workshops.

 Joana Austen mit ihrem Sohn Jason (4), der in der 31. Schwangerschaftswoche vorzeitig geboren wurde.

Joana Austen mit ihrem Sohn Jason (4), der in der 31. Schwangerschaftswoche vorzeitig geboren wurde.

Foto: Olaf Staschik

Dass ihre Selbsthilfegruppe plötzlich so viel Anklang findet, damit hätte Joana Austen nicht gerechnet. Zwar wusste sie, dass viele Frühchen-Eltern Redebedarf haben. Aber am Anfang schien das Interesse dennoch gering. Der Grund: der Veranstaltungsort. "Ich habe 2009 den Frühchen-Treff in einer Hebammen-Praxis gestartet", berichtet sie. "Ich dachte, das sei ein guter Anlaufpunkt. Aber es kam niemand." Die Mütter wollten nicht ständig mit den gesunden Babys der anderen Frauen konfrontiert werden. Aber Austen gab nicht auf und verlagerte den Treffpunkt – mit Erfolg. Heute kommen fünf bis acht Frauen regelmäßig zu ihren Treffen, und sie erhält viele Anrufe weiterer Betroffener. Seit einem halben Jahr heißt die Selbsthilfegruppe "Früh-Kids" und trifft sich bei Austen zu Hause.

Große Belastung für die Eltern

Auch wenn Frühgeburten kein Tabu-Thema sind, so sind sie doch eine viel größere Belastung für die Eltern, als Außenstehende sich vorstellen können. Joana Austen (41) ist selbst betroffen, sie hat den heute vierjährigen Jason in der 31. Schwangerschaftswoche bekommen. Normal sind 40 Wochen. "Seine Lunge war nicht voll ausgebildet und wir machten uns große Sorgen, dass Spastiken drohen." Auf den kräftezehrenden Krankenhausaufenthalt folgten Jahre der Arzt- und Therapeuten-Besuche. Sie dauern bis heute an, auch wenn es Jason jetzt gut geht. Ein Frühchen erfordert viel mehr Betreuung als ein normales Kind, weiß Joana Austen. Wegen des schlechten Immunsystems kann jeder Keim zur Bedrohung werden. Viele Mütter trauen sich kaum, das Kind aus den Augen zu lassen. Andere Kinder, der Partner und vor allem sie selbst kommen dann oft zu kurz. Eine große Belastung seien außerdem häufig die Schuldgefühle, für das Schicksal des Kindes verantwortlich zu sein, sowie fehlende Muttergefühle, weil das Kind gleich nach der Geburt von der Mutter getrennt wird. "Das kommt daher, weil bestimmte Bindungshormone dann nicht ausgebildet werden", erklärt Joana Austen. Trotzdem hätten die Mütter das Gefühl, rund um die Uhr funktionieren zu müssen.

In der Selbsthilfe-Gruppe sprechen die Frauen über all diese Konflikte, um sie gemeinsam zu verarbeiten und nicht mehr zu verdrängen. Vorher gab es ein solches Angebot in Hilden nicht. Die nächsten Krankenhäuser mit Frühchen-Stationen sind in Solingen und Düsseldorf. Dort gibt es zwar Schulungen für Eltern. "Aber viele Eltern wollen nur ungern wieder ins Krankenhaus", sagt Austen. Zudem helfe es mehr, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. "Hier dürfen wir wir sein." Gerne würde sie noch neue Mitglieder in der Gruppe für die Eltern der Zwei- bis Vierjährigen begrüßen. Sie wünscht sich, eine Gruppe für Eltern von Null- bis Zweijährigen zu starten. Und sie plant Workshops für Eltern mit älteren Kindern und für betroffene Väter. Langfristig hofft sie, die alles ehrenamtlich organisiert, auf Förderung vom Krankenkassenverband. Der Antrag ist bereits gestellt.

(RP)
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