St.-Martinszug seit 1904 Schon mehr als 100 Jahre Tradition in Hilden

Der erste Martinszug zog 1904 durch die Itterstadt – und zwar im Norden. Wir haben sieben Fakten zu St. Martin zusammengestellt, die Sie so vielleicht noch nicht kannten.

 Diese Bild dürfte aus dem Jahr 1959 stammen – es zeigt einen Martinsumzug in Hilden.

Diese Bild dürfte aus dem Jahr 1959 stammen – es zeigt einen Martinsumzug in Hilden.

Foto: Stadtarchiv Hilden

1. Erster Zug in Hilden Im Jahr 1904 zog der erste Martinszug durch Hilden. Das Rheinische Volksblatt kündigte ihn am 9. November an: „Im Meider Schulbezirk soll am morgigen Donnerstag, dem Martinstage, unter Führung eines Musikchors von Erwachsenen und Schulkindern ein Fackelzug mit nachfolgender Beschenkung der Kinder veranstaltet werden. Dank der Freigebigkeit der Schulinteressenten aller Konfessionen verfügt das Festkomitee über die Mittel, den mit einer Karte versehenen Kindern eine schöne Gabe zu spenden: Um punkt 5 Uhr wird auf dem Spielplatz der evang. Schule zur Aufstellung des Zuges angetreten. Der Zug bewegt sich dann nach Grünewald, Holterhof, Knappsack, Bausenhaus, über die Brücke daselbst durchs Bruch, an der Wirtschaft Witt vorbei nach Kolksbruch, Cleef, durch die Nordstraße zur Gerresheimerstraße, Pensionat und zurück zum evangelischen Schulhof. Hier erfolgt die Bescherung und Auflösung des Zuges. Hoffentlich wird die Veranstaltung durch günstige Witterung unterstützt.“ Organisiert wird der Norder Zug vom Martinskomitee Meide-Nord unter dem Dach des Bürgervereins Hilden-Nord.

St. Martin 2022: Hier ziehen die Martinszüge durch Hilden​
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Hier ziehen die St.-Martins-Züge durch Hilden

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Foto: dpa/Uwe Zucchi

2. Herkunft Der Überlieferung nach kam Martin von Tours im Jahr 316 in einer römischen Provinz im heutigen Ungarn zur Welt. Als römischer Soldat versetzte man ihn später nach Gallien (Frankreich). Dort soll er der Legende nach um das Jahr 334 vor dem Stadttor von Amiens an einem Wintertag einen Bettler angetroffen haben. Spontan teilte Martin seinen Mantel und überreichte dem Mann den anderen Teil. In der Nacht danach erschien dem Martin im Traum Jesus. Dies war für ihn der Anlass, sich taufen zu lassen. Er trat aus dem Militärdienst aus, wurde Priester und Bischof von Tours. Wegen seines vorbildlichen Lebens verehrten ihn zahlreiche Menschen seit seinem Tod um das Jahr 400. Der 11. November ist der Martinstag, jener Tag, an dem er als Bischof von Tours begraben worden ist. Die Martinszüge sind Ausdruck dieser Verehrung. Der Ursprung der Laternenumzüge ist allerdings nicht eindeutig geklärt. Einen heidnischen Hintergrund scheinen sie jedoch nicht zu haben, sondern sollen aus der christlichen Liturgie herrühren. Zum Martinstag wurde beispielsweise im 10. oder 11. Jahrhundert in Italien ein Lukas-Evangelientext verlesen. In diesem steht, man solle brennende Laternen in die Hände nehmen, wobei das Licht symbolisch für das Licht des Glaubens stehe. Ob die Menschen auch schon im Mittelalter Umzüge unternommen haben, ist nicht klar. Diese lassen sich sicher erst für das 19. Jahrhundert nachweisen. Im Zusammenhang mit Bibelschriften und der Lichtsymbolik wurden und werden auch die Feuer an diesem Tag entfacht. „Martini“ am 11. November markierte aber auch das Ende des Weidejahres für die Bauern, an dem sie ein reichliches Mahl zu sich nahmen, oft mit einer Gans. Vielerorts wurde die Pacht an diesem Tag gezahlt und das Gesinde durfte den Arbeitgeber wechseln. Diesen arbeitsfreien Tag nutzten sie, um zu feiern und dabei reichlich zu trinken. Denn der Martinstag war zugleich der Tag vor dem Beginn der Fastenzeit vor Weihnachten. Neben Fleisch durften dann auch keine Eier mehr gegessen werden, deswegen gehörten zu den Speisen am Martinstag auch Gebäck und Pfannkuchen.

3. Martinsverein Süd Vor 115 Jahren hat sich im Hildener Süden ein eigener Martinsverein gegründet. 1907 brachte Jakob Pesch den Martinsbrauch aus seiner Heimat Kempen am Niederrhein mit nach Hilden. Nach einem ersten Treffen fand am 15. Dezember 1907 dann die offizielle Gründungsversammlung statt. Der erste Martinsumzug im November 1908 war ein voller Erfolg. Kontinuierlich zog sich dieser Brauch nun durch die Jahre – unterbrochen nur von den beiden Weltkriegen, der Inflation im Jahr 1923 und der Corona-Pandemie. Obwohl der Verein nie mehr als 15 Mitglieder hatte, waren diese jedoch von großer Beständigkeit. Auch die Vorsitzenden waren meist über mehrere Jahrzehnte im Amt.

 Diese Mantelteilung nach dem Martinszug im Hildener Osten fand am 9. November 1994 statt.

Diese Mantelteilung nach dem Martinszug im Hildener Osten fand am 9. November 1994 statt.

Foto: Thomas Ollendorf

4. Gripschen Nach dem Martinszug gingen früher viele Kinder noch singen oder gripschen: Gripschen (von ndt. „griepen“ = greifen, erhaschen) bezeichnet das Tun der Kinder beim „Heischegang“ am Martinstag. Der 11. November war als Erntefest von jeher ein Tag, an dem Geschenke ausgeteilt wurden. Was lag näher als die Übernahme dieses Brauchs, zumal der Tagesheilige das Symbol christlicher Wohltätigkeit schlechthin ist. „Die Tradition hat in den vergangenen Jahren leider abgenommen“, sagt Hans-Peter Rauscher vom Martinsverein Hilden-Süd. Kaum noch Kinder gehen durch die Straßen, klingeln an den Türen, singen und erhalten eine meist süße Aufmerksamkeit.

5. Kulturerbe Die Tradition des Sankt Martin zwischen Rhein, Maas und dem Eifelvorland ist als immaterielles Kulturerbe des Landes Nordrhein-Westfalen anerkannt. Für diese Auszeichnung haben die Niederrheiner Jeya Caniceus aus Kempen und Rene Bongartz aus Brüggen gekämpft. Caniceus und Bongartz sind schon seit Jahrzehnten in Sachen Martin unterwegs. Die Idee zum Eintrag als schützenswertes Welterbe hatte der gebürtige Tamile Caniceus bereits 2013. Sein Anstoß war, den Brauch des christlichen Teilens besser gegen eine Verweltlichung als bloßes „Laternenfest“ und gegen das Aufkommen des irisch-amerikanischen Halloween zu profilieren.

6. Festwoche Die Festwoche des Martinsvereins Hilden-Süd beginnt in diesem Jahr bereits am Samstag, 5. November, mit dem Besuch von St. Martin auf dem Wochenmarkt. Auf den Umzugssonntag, 6. November, Start um 17 Uhr, folgt der Montag, 7. November, mit einer Aufführung des Puppenspiels „St. Martinus oder ich geh mit meiner Laterne“ für Kita-Kinder in der Bücherei (weitere Infos unter Telefon 02103 72-1345 oder per E-Mail an nadine.reinhold@hilden.de). Am Dienstag und Donnerstag, 8. und 10. November, werden rund 200 Martinstüten an die Kinder von Tafel-Kunden verteilt. Ein weiterer Höhepunkt steht am Mittwoch, 9. November, 17 Uhr, an. „Dann findet unser Rudelsingen auf dem alten Markt statt“, erklärt Vereinsvorsitzender Udo Höpfner. Zum Abschluss der Festwoche wird am Freitag, 11. November, von 15 bis 18 Uhr eine kostenlose Mal- und Bastelaktion mit der Künstlerin und KuKuK-Dozentin Sylke Jacobs im Wilhelm-Fabry-Museum, Benrather Str. 32a, stattfinden (Anmeldung: wilhelm-fabry-museum@hilden.de).

7. Umzug In diesem Jahr zieht der Martinsverein Hilden-Süd erstmals durch die Innenstadt. Los geht es um 17 Uhr an der Jacobus-Kirche. Die Teilnehmer ziehen durch die Mittelstraße und biegen hinter dem Bürgerhaus links in die Heiligenstraße ein. Dort geht es bis zur Südstraße weiter. Von der Südstraße aus biegen die Teilnehmer in die Schulstraße ein. Es folgt ein kurzes Stück auf der Mittelstraße und dann der Gang über die Schwanenstraße. Kurz vor der Berliner Straße biegt der Zug rechts ab und zieht an der Tiefgarage vorbei auf den Nove-Mesto-Platz. Dort findet dann die Mantelteilung statt. Dafür konnte der Martinsverein Schauspieler gewinnen, die die berühmte Szene aufführen. Laut Plan endet die Veranstaltung gegen 18.30 Uhr.

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