Hilden/Haan So wirkt sich der Preisanstieg auf Betriebe aus

Hilden/Haan · In den Lebensmittelmärkten sind immer häufiger Lücken in den Regalen zu finden. Speiseöl und Mehl sind knapp. Der Krieg in der Ukraine führt bei den Grundnahrungsmitteln zu starken Preissteigerungen. Das schlägt sich auch in der Gastronomie nieder.

Die Regale für manche Produkte sind weitestgehend leer gekauft infolge des Ukraine-Konfliktes.

Die Regale für manche Produkte sind weitestgehend leer gekauft infolge des Ukraine-Konfliktes.

Foto: dpa/Friso Gentsch

  Beim wöchentlichen Einkauf im Supermarkt werden Erinnerungen an den Beginn der Corona-Pandemie wach: Dort, wo eigentlich Speiseöl stehen müsste, klafft eine große Lücke, ebenso beim Mehl. Ein Schild weist darauf hin, dass jeder Kunde nur fünf Pakete für den Eigenbedarf mitnehmen darf. Die Hamsterkäufe haben wieder begonnen. „Aktuell können wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten eine ausreichende Versorgung mit allen Produkten des täglichen Bedarfs sicherstellen. In Einzelfällen kann es allerdings bei bestimmten Produkten zu kurzzeitigen Lieferengpässen kommen“, sagt eine Sprecherin des Lebensmittelkonzerns Edeka Rhein-Ruhr. Dies betreffe insbesondere Speiseöle, die zum Teil auch aus der Ukraine stammen. In solchen Fällen könnten die Kunden aber von der Breite des Sortiments profitieren und auf andere Marken  und Eigenmarken als Produktalternativen zurückgreifen. Je nach Situation vor Ort rufen die selbstständigen Kaufleute ihre Kunden auch dazu auf, nur haushaltsübliche Mengen bestimmter Artikel einzukaufen. „Es gibt weiterhin keinen Anlass, zusätzliche Vorräte anzulegen“, erklärt die Unternehmenssprecherin.

Der Ukraine-Krieg treibt Preise für Agrar-Rohstoffe in die Höhe. Denn die Ukraine und Russland sind bedeutende Exporteure auf dem internationalen Weizenmarkt. Die Folgen spüren auch die heimischen Bäcker. Henri Leminiski, der in Hilden die Bäckerei Knelange mit zwei weiteren Filialen betreibt, zahlt für viele seine Rohstoffe fast 100 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Betroffen sind etwa Kürbiskerne, Leinsaat oder Speiseöl. „Im vergangenen Jahr habe ich für das Speiseöl 1,09 gezahlt, jetzt sind es 2,50 plus Mehrwertsteuer. Das ist nicht lustig”, sagt Leminski. Auch das Mehl sei fast 30 Prozent teurer geworden. Und ein Ende der Preiserhöhung ist nicht in Sicht. Das stellt den Bäckermeister vor ein Dilemma. „Natürlich könnten wir auch auf billigere Alternativen umsteigen, aber dann können wir auch nicht mehr die Qualität anbieten, für die wir stehen”, erklärt Leminiski. Er fürchtet, dass Preiserhöhungen in der Bäckerei dazu führen, dass Kunden wegbleiben. Gerade für die Kleinbetriebe sei es schwer, mit den gestiegenen Kosten umzugehen.

Der Preisanstieg im Lebensmittelsektor zwingt auch die Wirte zum Handeln. Die Haaner Traditionsgaststätte „Becherhus” setzt auf ein regionales und nachhaltiges Küchenkonzept. Daher hat sich Geschäftsführer Alexander Unger auch dazu entschieden, die argentinischen Steaks künftig von der Karte zu streichen.“ Wie soll ich denn dem Gast erklären, dass er aufgrund der Preissteigerungen für ein Rumpsteak anstatt 24,90 jetzt 32,90 Euro zahlen muss? Das macht doch keiner mit.” Der Gastronom hat sich daher dazu entschlossen, die Preise auf der Speisekarte, da wo nötig moderat anzupassen. „Das Schnitzel Wiener Art vom Haaner Strohschwein kostet beispielsweise einen Euro mehr. Der Speckpfannekuchen dagegen wird nicht teurer”, erklärt Unger.

 Bäckermeister Henri Leminski von der Bäckerei Knelange klagt über die steigenden Rohstoffpreise.

Bäckermeister Henri Leminski von der Bäckerei Knelange klagt über die steigenden Rohstoffpreise.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Der 54-Jährige ist seit 38 Jahren in der Gastronomie tätig, gleichzeitig Gastronomie-Berater und weiß, dass starke Preiserhöhungen ,sei es beim Bier oder bei den Speisen, nur selten auf Verständnis stoßen. „Wir zahlen beispielsweise auch 40 Prozent mehr für Strom und Gas, auch unsere Lieferanten haben die Preise erhöht, doch alles können wir auch nicht auf den Gast umlegen.” Die Folge wäre, dass bald keiner mehr käme. In der Gastronomiebranche ist es auch wichtig, vorausschauend Waren einzukaufen, denn Speiseöl ist derzeit Mangelware. „Hätte ich mich nicht bereits mit Öl eingedeckt, wüssten wir nicht, ob wir am Ende der Woche unsere Schnitzel braten können, oder nicht”, berichtet Unger.

„2022 ist ein wegweisendes Jahr”, sagt Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga)in NRW. „Die Gastronomen haben zwei harte Corona-Jahre hinter sich. Finanzielle Rücklagen sind aufgebraucht, die Rückzahlung coronabedingter Kredite steht an und die Aussichten und weiteren Entwicklungen sind ungewiss, vor allen Dingen im Geschäftstourismus.” Die Inflation stelle die Betriebe nun vor große Herausforderungen. „Das ist eine Kalkulations-, aber auch eine Wettbewerbsfrage, die jeder Gastronom selbst entscheidet”, sagt Hellwig.

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