Ausstellung im Fabry-Museum Dem Verbrechen auf der Spur

Hilden · Die Ausstellung „Hieb § Stich“ des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charité, des Instituts für Rechtsmedizin der Charité und des Landesinstituts für gerichtliche und soziale Medizin Berlin ist so gut, dass sie auch in der Polizeiausbildung eingesetzt wird. Sie ist ab sofort im Fabry-Museum zu sehen.

 Kuratorin Navena Widulin zeigt eine Tatwaffe. Die Pistole ist eine Nachbildung.

Kuratorin Navena Widulin zeigt eine Tatwaffe. Die Pistole ist eine Nachbildung.

Foto: Christoph Schmidt

Wenn Rechtsmediziner Professor Börne und Kommissar Thiel beim Münster-Tatort ermitteln, schaut ihnen häufig amüsiert die halbe Nation zu. Die beiden habe es gut: Nach 90 Minuten haben sie jeden Fall gelöst. Die Wirklichkeit der echten Ermittler sieht ein bisschen anders aus.

Das kann man in der Ausstellung „Hieb § Stich“ im Fabry-Museum erleben. Dort ist so ziemlich alles echt: die Fälle, die Tatwaffen – und das Blut, das an ihnen klebt. Die Ausstellung setzt aber nicht auf Grusel und Schock-Effekte, sondern erläutert sehr eindrucksvoll, wie Kriminaltechniker und Rechtsmediziner tatsächlich arbeiten. Das ist genau so spannend wie ein Tatort im Fernsehen und ebenso kurzweilig.

 Mord mit einem Hammer.

Mord mit einem Hammer.

Foto: Christoph Schmidt

Navena Widulin (Jahrgang 1972) betreut die Ausstellung. Sie ist medizinische Präparatorin und Konservatorin im Medizinhistorischen Museum der Charité. Sie hat ihr Wissen nicht nur aus Büchern. 2000 und 2001 hat sie in Bosnien bei der Klärung von Kriegsverbrechen geholfen und Leichen aus Massengräbern exhumiert. Zu jedem Stück der Ausstellung kann sie etwas erzählen. Die Besucher treten ein – finden sich an einem Tatort wieder. „Der ist fiktiv, der Fall echt.“ Ein Mann hat seine Frau im Streit erstochen. Jetzt geht es für „Spusi“ darum, Spuren zu sichern. Kriminaltechniker haben das in einem Film für die Ausstellung extra nachgestellt.

 Die Tatwaffen und das Blut daran sind echt.

Die Tatwaffen und das Blut daran sind echt.

Foto: Christoph Schmidt

Im nächsten Raum sind wir im Kriminalkommissariat. Hier werten die Ermittler Spuren aus. In den 1970er Jahren hat die Kripo in Zürich Tatorte als Puppenstuben nachgebaut – um sich besser klar zu machen, was dort geschehen ist. Widulin hat diese Unikate aufgespürt und für die Ausstellung ausgeliehen: „Das sind echte Raritäten – meine Lieblingsstücke.“ An der Wand hängen Bilder des Berliner Fotografen Patrick Badenz von echten Tatorten. Sie sehen anders aus als die Fotos der Polizei. Deshalb sind sie nicht grausig, geben aber eine Ahnung von dem Ungeheuerlichen, das jedes Verbrechen darstellt.

 Echte Raritäten: In den 1970er Jahren hat die Kripo in Zürich Tatorte von echten Fällen im Stil von Puppenstuben nachgebaut.

Echte Raritäten: In den 1970er Jahren hat die Kripo in Zürich Tatorte von echten Fällen im Stil von Puppenstuben nachgebaut.

Foto: Christoph Schmidt

Der dritte Raum der Ausstellung ist quasi das Labor. Hier werden Techniken und Verfahren der Rechtsmedizin genauer erläutert. Etwa die Daktyloskopie. Sie wird in Deutschland schon seit mehr als 100 Jahren eingesetzt, um Menschen anhand ihrer Fingerabdrücke zu identifizieren. Zwölf Merkmale müssen übereinstimmen, um einen Täter sicher zu überführen. „Das geht auch mit Ohrabdrücken am Handy, Bissspuren bei Sexualdelikten und Fußballen-Abdrücken“, weiß Navena Widulin.

Eine Autotür ist von Schüssen verschiedener Kaliber durchsiebt. „Das haben Feldjäger bei einer Übung für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für uns gemacht“, erzählt die Kuratorin: „Ein LKA-Beamter hat die Autotür gespendet.“

In einem Block aus FBI-Gelantine ist ein Schrottschuss erstarrt: „In Deutschland wird dafür Seife benutzt, weil das kostengünstiger ist. Experten können daraus viel erkennen.“

Eine Schweine-Schnauze (nicht echt) erinnert an Wildschein Luise. Als weltweit einziges Spürschwein in einer Polizei-Hundestaffel in Niedersachsen (1984-1987) schaffte es Luise in das Guiness Buch der Rekorde. Experten können Blutspritzer-Spuren lesen. „Das ist so speziell, dass es dafür eigene Tatort-Gruppen gibt“, erzählt die Ausstellungsmacherin. Auch Gebisse helfen bei der Identifizierung. Bis heute veröffentlicht die Kripo in Zahnarzt-Fachzeitungen regelmäßig den Zahnzustand von unbekannten Toten. „Jeder Zahnarzt hat offenbar eine eigene Handschrift und erkennt seine Arbeit wieder“, erzählt Navena Widulin. Christoph Schmidt

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort