Hilden/Haan Hede Bühl findet in der Kunst ihren Weg

Großformatige Plastiken stellt die Haanerin bis 11. August im Wuppertaler Skulpturenpark Waldfrieden aus.

 Hede Bühl bei der Eröffnung der Ausstellung vor einer ihrer Arbeiten. Rechts Tony Cragg. Der britische Bildhauer ist Gründer des Skulpturenparks Waldfrieden in Wuppertal, in dem die Ausstellung stattfindet.

Hede Bühl bei der Eröffnung der Ausstellung vor einer ihrer Arbeiten. Rechts Tony Cragg. Der britische Bildhauer ist Gründer des Skulpturenparks Waldfrieden in Wuppertal, in dem die Ausstellung stattfindet.

Foto: Mikko Schümmelfeder

In jedem Künstlerleben gibt es einen Ort, an dem alles begann. Bei Hede Bühl (78) war es der Küchentisch. Dort schob sie als kleines Mädchen die Alltagsdinge beiseite, um Platz für ihre Tonskulpturen zu schaffen. Gezeichnet hat sie zwischendurch auch. Aber es war schon damals die Bildhauerei, der ihre Leidenschaft galt. In Haan geboren, aufgewachsen in Hilden mit Mutter und Schwester. Der Vater – schmerzlich vermisst – war aus dem Krieg nicht zurückgekehrt. Wenn Hede Bühl über die Kindheit spricht, schwingt immer auch die Schwere der Kriegswirren mit. Und dennoch: Die Mutter, selbst künstlerisch begabt, hat die Tochter in ihrem kreativen Tun unterstützt. „Sie hat für uns gelebt. Aber sie hatte auch immer Angst um mich“, sagt sie über ihre Mutter, von der sie noch heute träumt. Sie selbst habe stets das Gefühl gehabt, sich um die Familie kümmern zu müssen. Es ist eine Geschichte, wie man sie oft hört von denjenigen, in deren Seele die Grausamkeiten eines Krieges ihre Spuren hinterlassen haben.

Zuhause modellierte sie am Küchentisch, gelernt hat Hede Bühl derweilen an der Hildener Nonnenschule. Im Kunstunterricht war sie – wie sollte es auch anders sein – die Beste. „Ich bekam sogar den Auftrag, eine ganze Mosaikwand zu gestalten“, erinnert sie sich noch genau an das Lob, das ihr schon zu Schulzeiten zuteil geworden war.

Und dann geschah etwas, von dem Hede Bühl sagt, es sei Schicksal gewesen. Mit Martin Paatz zog ein ehemaliger Professor der Düsseldorfer Kunstakademie nach Hilden, um dort mit seiner Familie zu leben. In seinem Studio wagte Hede Bühl die ersten Malversuche in Öl. Er förderte sie und wurde ihr Mentor. Und er war es auch, der sie an die Akademie brachte. Dann gab es auch noch die Bildhauerwerkstatt in der Fabrik „Spindler“, in der sie Volkshochschulkurse besuchte, um mit Ton zu arbeiten.

Irgendwann war es dann da, das eigene Atelier. Im Keller des Heimatmuseums war plötzlich genug Raum für Werke, die niemals Platz auf einem Küchentisch gefunden hätten. „Ich habe gleich groß angefangen“, erinnert sich die Bildhauerin an Gerüste aus Eisendraht. Und auch daran, dass manches zersägt und wieder zusammengesetzt werden musste, weil es anders nicht durch die Türe passte. Auch die ersten Steinskulpturen entstanden in Hilden – später in Düsseldorf waren es dann Sepp Mages und Joseph Beuys, die das kreative Schaffen der Meisterschülerin prägten. „Dort fand meine Auferstehung statt. Dort fing mein Leben an“, sagt die Künstlerin über ihre Akademiezeiten.

Wer mit Hede Bühl spricht, spürt gleich das, was ihr Tun seit jeher begleitet: Eine innere Kraft, aus der sie schöpft. Immer wieder waren es auch die dunklen Seiten der Seele, von denen sie sich angezogen fühlte: „So ist die Welt: Grausam, düster, dunkel“, sagte sie einst über ihr Faible zu Literaten wie Sartre, Camus und Henry Miller, deren Werke sie zuweilen in ihren düsteren Bann zogen. Man sollte sich also nicht täuschen lassen von den glatt polierten Oberflächen ihrer großformatigen Köpfe, unter denen es zuweilen brodelt.

Noch immer lebt Hede Bühl umgeben von ihren Skulpturen, denen sie sich in wechselnder Folge widmet. „Oft arbeite ich Jahre daran, manchmal auch Jahrzehnte“, spricht sie über den kreativen Prozess. Hat sie einen Stein zu bezwingen, geht es oft um Millimeter. Noch bevor sie den Meißel ansetzt, klopft sie im wahren Wortsinne bei ihm an. „Man muss ihn umkreisen“, fasst sie das in Worte, was sich dem Auge des Betrachters entzieht.

Das Ende des Werkes schon klar vor Augen haben, bevor man selbst Hand angelegt hat? Nein, dass könne man nicht. Und wie war das noch mit der Bestimmung, der es zu folgen gilt? Nein, nicht alles sei Schicksal. Man müsse auch selbst etwas dazutun. Es gibt diesen einen Satz, über den sich das Gesamtwerk von Hede Bühl erschließen lässt: „Anfangen – dann stellt sich etwas gegen Dich – und dann musst Du Deinen Weg finden.

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