Hilden Unterführungen werden zum Kunstwerk

Hilden · Internationale Sprayer waren in Hilden zu Gast. Hier gibt es bereits zwölf legale Flächen für Graffiti.

 Graffiti-Festival: Ludo (aus Lausanne) bei seiner Arbeit zu „Kindheitserinnerungen“.

Graffiti-Festival: Ludo (aus Lausanne) bei seiner Arbeit zu „Kindheitserinnerungen“.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Er balanciert auf der Leiter, dicht an der Wand, die Spraydose in der Hand. Mit Schwung bringt er Strich für Strich auf, ein Haar nach dem anderen. Es ist der Sprühkünstler Ludo, der extra aus dem französischen Lausanne angereist ist, um sich an einem ganz besonderen Graffiti-Projekt zu beteiligen. So wie Ludo, sind rund fünfzig Sprayer aus Deutschland, der Schweiz und eben aus Frankreich der Einladung nach Hilden gefolgt, um an einem Wochenende die Wände der Unterführungen an der Grünstraße und der Beckersheide zu Gesamtkunstwerken werden zu lassen.

Jonas Bullinger von der Gruppe „Aeromigos“ – das sind fünf bis sieben Graffiti-Künstler – freut sich, dass so viele gekommen sind. „Das ist ein privates Event“, betont der 22-Jährige, „es kommen nur eingeladene Leute, die wir persönlich kennen.“ Das kommt daher, dass die Künstler gerne reisen und auch immer wieder neue Kontakte knüpfen. „Und dann möchte man gerne zusammen malen“, sagt Jonas. Da ist es am einfachsten, wenn man alle einlädt. So entstand vor drei Jahren der erste „Aeromigos Jam“ im Tunnel an der Beckersheide. Inzwischen ist die Aktion gewachsen. „Wir haben jetzt vier Wände á 50 mal 7 Meter“, sagt Jonas. Die Wände wurden bereits vorgestrichen. „Wir haben auch Gerüste besorgt.“ Denn natürlich sollen die oberen Bereiche ebenfalls gestaltet werden, und das möglichst gefahrlos. Um das Catering kümmern sich Familienangehörige. Die Künstler bringen ihre eigenen Farben mit, bekommen aber als Anerkennung „Goodie-Bags“ mit kleinen Geschenken, wie selbst gebrautem Bier. „Wir wollen Anerkennung zurückgeben“, erklärt Jonas.

In diesem Jahr steht die Graffiti-Aktion unter dem Motto „Childhood Memories“ (Kindheitserinnerungen), wobei die einzelnen Sprühkünstler weitgehend freie Hand haben. Cash und Kina sind aus Luzern gekommen. Cash kam 1996 über Breakdance in die Hip-Hop-Szene. „Dann hat mich das Graffiti-Virus infiziert“, meint er lächelnd. In der Schweiz gibt es noch nicht so viele legale Flächen für Graffiti-Kunst. „Wir haben viele Neubauten“, so Cash.

Auch habe diese Kunstrichtung noch nicht so ein positives Image wie in Deutschland, aber es sei im Wandel. „Langsam merkt man, dass eine gestaltete Unterführung besser ist als eine graue“, sagt Cash. Kina kam vor rund 17 Jahren durch ein Schulprojekt zur Sprühkunst. „Seitdem bin ich dabei.“ Er hat sich eine violette Wand für sein Graffito ausgesucht und arbeitet viel mit roten Farben. „Mit den Jahren merkt man, was einem liegt“, erzählt Kina, „bei mir muss alles gerade sein, alles muss stimmen.“

Nach dem Wochenende sind die einst verschmierten Unterführungen nicht mehr wiederzuerkennen. „Die Stadt kostet das nichts“, betont Jonas, der sich darüber freut, dass es bereits zwölf legale Flächen in Hilden gibt. „Es wächst beständig.“ So auch das Graffiti-Event. „Wir haben durchweg gute Rückmeldungen aus der Szene“, freut sich Jonas. Deshalb könnte er sich vorstellen, den „Aeromigos Jam“ im nächsten Jahr auf etwas größere Füße zu stellen, doch Konkretes will er dazu noch nicht sagen: zu früh.

„Wir bieten hier den Leuten eine Möglichkeit, sich gewaltfrei auszudrücken“, sagt er. Graffiti-Künstler definieren sich über ihre Kunst. Und diese Kunst ist – wie bei allen anderen Kunstrichtungen auch – universell. Sie kennt keine Grenzen, sondern verbindet alle Nationalitäten.

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