Bunte Hunde Gipsy hilft beim Straßenzeitungsverkauf

Hilden · Mit Horst Lentelink kommt der Terrier-Dackel-Mix viel herum. In Hilden bezieht der Hund jetzt ein Winterquartier.

 Horst Lentelink mit seinem Hund Gipsy verkauft das Obdachlosen Magazin fiftyfifty auf der Mittelstraße.

Horst Lentelink mit seinem Hund Gipsy verkauft das Obdachlosen Magazin fiftyfifty auf der Mittelstraße.

Foto: Olaf Staschik

Horst Lentelink und sein Hund sind auf der Mittelstraße in Hilden ein vertrauter Anblick. Regelmäßig steht der 49-jährige Wohnungslose mit einem Stapel Straßenzeitungen gegenüber einer Buchhandlung. Seinen Hund hat er zum Schutz gegen die Kälte in einem Schlafsack warm eingepackt. Nur der wuschelige Kopf schaut heraus. "Schipsi" nennt er den dreijährigen Rüden. Wie man das schreibt, weiß er nicht. "Das ist Englisch und heißt Zigeuner." Ach so: "Gipsy".

"Meine Freundin hat ihm diesen Namen gegeben", erklärt er. Der Name passt zu einem Obdachlosenhund, der in Düsseldorf und im ganzen Kreis Mettmann unterwegs ist. Wie kommt ein Wohnungsloser zu einem Hund? Meine Freundin hat den vor drei Jahren zu Weihnachten in die Hand gedrückt bekommen." Ganze acht Wochen sei er damals alt gewesen und schon ein "Wanderpokal": Lentelinks Freundin war bereits die dritte Station für den Welpen. Wo er vorher war, weiß Horst Lentelink nicht. Nur so viel: "Der war total krank. Hatte alles, was man sich nur vorstellen kann."

Der Mann, der damals noch nicht obdachlos war, sondern bei der Freundin wohnte, wollte dem Mischlingshund helfen. "Ich habe den zum Düsseldorfer Hunde-Doktor gebracht. Ein Tierarzt, der die Tiere von sozial Schwachen kostenlos behandelt. Mehrere Besuche beim Veterinär waren nötig, um den kleinen Hund auszukurieren. Wurden Medikamente gebraucht, hat Lentelink sie bezahlt. Jetzt hat er einen gesunden kleinen Begleiter, der den Zeitschriftenverkauf etwas ankurbelt. Drei Stück verkauft er während des Gesprächs. Alle Käufer zahlen mindestens zwei Euro statt der 1,90 Euro, die "fiftyfifty" offiziell kostet.

Einen Euro vom Verkaufserlös und das Trinkgeld darf der Verkäufer behalten, den Rest muss er abliefern. Beinahe jeder Kunde beugt sich zu Gipsy herunter, streichelt ihm den Kopf und fragt sein Herrchen, wie es dem kleinen Hund geht. Lentelinks Rucksack ist gut gefüllt mit Hundefutter. Etliche Tierfreunde unter den Stammkunden drücken es dem Wohnungslosen in die Hand. Hungern musste Gipsy noch nie: "Für Futter habe ich immer Geld." Außerdem achtet sein Herrchen darauf, dass das Tier sich nicht erkältet. Zum Aufwärmen geht er kurz in Geschäfte oder Einkaufspassagen hinein. Dann läuft Gipsy mit eifrigen Trippelschritten neben ihm her. "Er ist zutraulich, lieb, nett und kein Kläffer" sagt sein Besitzer. Außerdem sei er stubenrein. "Kunststückchen kann er nicht, aber der hört. Das ist wichtig."

Lentelink und Gipsy kommen viel herum. Sie sind mal in Düsseldorf, mal in Mettmann oder in Hilden. Überall verkaufen sie Straßenmagazine. Vier bis fünf Stunden am Tag. Zwischen zehn und 20 Exemplaren bringt Lentelink pro Tag an den Mann oder die Frau. Der 49-Jährige ist immer mal wieder obdachlos, aber nie durchgängig. Aktuell seit September vergangenen Jahres. Woran das liegt? "Ich habe nichts gelernt und es ist schwierig, Arbeit zu finden. Wenn, dann gibt es nur befristete Jobs."

Im Sommer sei es kein Problem, einen Schlafplatz zu finden. "Ich übernachte mit dem Hund im Wald. Wenn die Spaziergänger weg sind, kann er dort frei laufen." Im Winter schlafen die beiden auf einem Düsseldorfer Friedhof: "Da ist es schön ruhig." Obdachlosenunterkünfte schätzt Lentelink nicht. "Zu voll, zu laut, zu eng." Außerdem sind Hunde dort meistens nicht erlaubt. Und von seinem Hund würde er sich nie trennen. "Man hat mir schon 500 Euro für Gipsy geboten, aber ich habe abgelehnt", erzählt er. Der Mischlingshund habe "Verlustängste" — das sagt er wirklich — und er gebe kein Tier einfach ab.

Jetzt, wo es draußen kälter wird, macht Lentelink sich allerdings Sorgen um das Wohlergehen seines Vierbeiners. Auch wenn sie sich zwei Schlafsäcke teilen, wird es nachts mitunter empfindlich kalt. Deswegen war der Obdachlose dankbar, als ihm "eine ältere Dame aus Hilden" ein großzügiges Angebot machte: "Gipsy bekommt bei ihr ein Winterquartier für ein bis zwei Monate. Ich suche weiter nach einer neuen Wohnung. Zur Not nehme ich auch eine Gartenlaube ohne Strom." Gipsy genießt solange sein warmes Winterquartier in Hilden.

www.rp-online.de/hilden

(RP)
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