Hilden Ganz schön giftig: Kunst im Fabry-Museum

Hilden · "Die Dosis macht das Gift" heißt die achte Themenausstellung mit 39 Künstlern. Die RP hat sie sich vorab angesehen.

 Eine drastische Mahnung an Sonnenanbeter hält Barbara Joliet mit der Skulptur "Dörrfleisch" bereit, die aus rohem Schinken besteht.

Eine drastische Mahnung an Sonnenanbeter hält Barbara Joliet mit der Skulptur "Dörrfleisch" bereit, die aus rohem Schinken besteht.

Foto: Staschik, Olaf (OLA)

Sie rüttelt auf, schockiert und amüsiert. Die achte Themenausstellung "Die Dosis macht das Gift: Genuss und Sucht - Heilung und Verfall" hält am Sonntag Einzug ins Wilhelm-Fabry-Museum. Eine spannend inszenierte Ausstellung, in der 39 Künstler aus unterschiedlichen Sichtweisen Gifte und Süchte thematisiert haben. Die berühmten Worte Paracelsus' "Wenn ihr jedes Gift richtig erklären wollt, was ist dann kein Gift? Nur die Dosis bewirkt, dass ein Ding kein Gift ist", sind auch heute noch aktuell und ziehen sich leitmotivisch durch die Museumsräume.

Zwei Jahre lang hat das Fabry-Team – Dr. Wolfgang Antweiler, Bernd Morgner und Dr. Sandra Abend – diese achte Themenausstellung geplant. "Damals, 1999, bei unserer ersten Themenausstellung rund ums Herz, dachten wir noch nicht an so einen Erfolg", erzählt Museumschef Antweiler: Knapp 200 Künstler aus ganz Deutschland haben sich für die Achte beworben. Eine Jury wählte 39 Künstler aus. 44 Arbeiten – Fotografie, Malerei, Skulptur und Collage – zeigen Fakt, Fiktion, Ironie, Ernst und Unerhörtes zu dem brisanten Thema.

Die Exponate korrespondieren an Wänden, auf kleinen und großen Sockeln miteinander. "Wir haben viel ausprobiert", erzählt Sandra Abend. "Bis wir sicher waren, dass die Arbeiten sich in ihrer Wirkung verstärken." Erkennbar schon im ersten kleinen Raum, in der eine latent unheimliche Stimmung die Wahrnehmung beschäftigt. Wie bei Masami Takeuchis "fukshima 6", zart und ästhetisch bemalte Kacheln in Kobalt, mit Menschen in gläsernen Schutzanzügen. Das Bedrohliche setzt sich in Jochen Görlachs "Hidden" fort. Suggestiv wirkt das fast schwarze Ölbild. Eine Frau, weit aufgerissene Augen, hellweißer Mundschutz. Gegenüber symbolisieren 240 Digitalis-Blüten in "die tödliche Dosis" von Moni Müller das nicht mehr Heilsame, sondern nun Giftige. Argwöhnisch begutachtet der Besucher den in sanften Öl-Farben schimmernden rundum giftigen Blüten- und Pflanzenstrauß von Anne-Maria Oeser. "Ein Fingerhut voll" heißt es bei Tilly Scheller-Zeller. Giftgrünes läuft aus knallbuntem Fingerhut – die Fotografie punktet mit Doppeldeutigkeit. Auf schwarzem Glas hat Ute Augustin Kaiser ihre Fotografie "das rechte Maß" inszeniert: ein Todesstillleben mit altem römischen Schädel und buntem Naschzeug. Bunt glitzert es auch an der "Zuckerpuppe" von Alexia Petertil: eine wohlgeformte Torso -Weiblichkeit, umwickelt mit Schokoriegel-Papier.

Beim Rundgang wird bewusst, was alles zu den Geißeln unserer Zeit gehört. Drogen, Alkohol, Fett, aber auch Online- und Computerspiele und die unsichtbaren chemischen Feinde in Nahrung, Kleidung, Umwelt können dazu gehören. In Henriette Astors "Cocktail" hüpfen zierliche Skelettmännchen aus Papier um einen Haufen Pillen herum. Eine drastische Mahnung an Sonnenanbeter hält Barbara Joliet mit "Dörrfleisch" bereit. Eklig, wie die Miniaturfrau aus rohem Schinken sich genüsslich im Liegestuhl räkelt.

Im Fokus der Ausstellung stehen aber Medikamente und Drogen. Das Ölbild "Help me" von Alfred Bradler geht unter die Haut. Frauen hinter Glas, ohne Hoffnung, ihren Süchten zu entkommen. Und nahezu verstörend ist die Bildsprache von Alena Sternberg. Die gespenstige, düstere Fotografie "Porträt eines Abhängigen" zeigt einen Mann mit qualvoll verzerrtem Gesicht, der sich den Brustkorb aufreißt.

(nea)
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