Hochwasserschutz in Hilden Droht ein Kahlschlag an der Itter?

Hilden · Weil der bis zu 1,50 Meter hohe Uferbereich der Itter in einigen Abschnitten seit kurzem als Hochwasser-Schutzanlage gilt, müssen unter Umständen Hunderte Bäume gerodet werden. Stadt, Kreis und BRW suchen nach Lösungen.

 Baumreihe an der Itter. Der Uferbereich wird jetzt als Deich geführt – der nicht bepflanzt sein darf.

Baumreihe an der Itter. Der Uferbereich wird jetzt als Deich geführt – der nicht bepflanzt sein darf.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Wie viele Bäume im Uferbereich der Itter stehen, kann niemand genau sagen – aber es sind Hunderte, einige von ihnen mehrere Jahrzehnte alt. Im Sommer spenden sie den Spaziergängern und Radfahrern, die an sonnigen Tagen zu Tausenden zwischen dem Hildener Finanzamt und der Horster Allee Erholung suchen, kühlen Schatten. Außerdem prägen sie dort im Bereich Karnap die verträumte Landschaft.

Dieses Bild ist nun in Gefahr. Denn die Bäume eines Teilstücks des Itter-Uferbereichs könnten schon bald gerodet werden. Die bis zu 1,50 Meter hohe Böschung ist seit kurzem in Teilabschnitten als Hochwasser-Schutzanlage ausgewiesen. „Wenn das als Hochwasserschutz gilt, müssen wir die Bäume roden“, sagt Engin Alparslan, Geschäftsführer des Bergisch-Rheinischen Wasserverbandes (BRW). Einige Uferbereiche gelten demnach als Deich, erklärt der BRW-Chef. „Und auf einem Deich darf kein Baum stehen.“ Die Bäume würden mit ihren Wurzeln zwar den Boden festigen. „Wenn aber ein Baum umstürzt, entsteht ein riesiges Loch.“ Und das soll vermieden werden.

„Bei den hier als Deich bezeichneten Wällen handelt es sich nicht um technisch für den Hochwasserschutz angelegte Bauwerke, sondern um Erdaufschüttungen, die im Zuge der Verlegung der Itter vor vielen Jahrzehnten entstanden sind. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Fortschreibung der Hochwassergefahrenkarten (HWGK) die Schutzwirkung dieser Erdwälle erstmals im Jahre 2019 dargestellt“, erklärt Beatrix van Vlodrop, Sprecherin der Bezirksregierung. Wie mit den Erdwällen weiter verfahren und ob und wie der Hochwasserschutz dauerhaft gewährleistet werden solle, „ist zwischen der Stadt Hilden, dem Bergisch-Rheinischen Wasserverband und der zuständigen Aufsichtsbehörde abzustimmen“, erklärt die Sprecherin weiter. Das sei in diesem Fall der Kreis Mettmann.

Die Itter zieht sich hinter dem Stadtpark rund zwei Kilometer bis zur Horster Allee. Nach der Eisenbahnbrücke der Güterstrecke kurz hinter dem Finanzamt ist die Landschaft vor allem durch landwirtschaftliche Flächen auf der einen und Kleingärten sowie teilweise Gewerbe auf der anderen Seite geprägt. An der Bahnbrücke beginnt in der Hochwasser-Gefahrenkarte der Bezirksregierung die „Hochwasser-Schutzeinrichtung“, die in Höhe des Horster Flugrabens endet (bzw. an dem kleinen Weg, der rechts in Richtung 3M führt). Der Deich ist nur auf der rechten Seite der Itter – entlang der Kleingärten – eingezeichnet. Ob im Fall der Fälle auch nur auf dieser Seite gerodet werden muss, war am Freitag unklar. Hinter der Horster Allee, auf Düsseldorfer Gebiet, zieht sich die „Hochwasser-Schutzeinrichtung“ auf beiden Seiten weiter bis zur Hildener Straße.

„Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, sagt Kreissprecherin Daniela Hitzemann beschwichtigend. Noch sei nicht klar, ob tatsächlich Bäume gefällt werden müssten. Bei einem Termin am 8. November, an dem der Kreis und der BRW teilnehmen, soll geklärt werden, wie es weitergeht. „Die Bezirksregierung sagt zwar, es handelt sich dabei um einen Deich, aber das müssen wir noch genau überprüfen.“ Denn ein Deich müsse laut Deichschutzverordnung bestimmte Anforderungen erfüllen. Ob das auch in Hilden der Fall sei, müsse sich erst noch zeigen. „Wir werden nicht einfach zusehen, wenn Hunderte Bäume gerodet werden sollen. Wir versuchen sie zu retten“, sagt Daniela Hitzemann. Sollte der Uferwall jedoch tatsächlich als Deich gelten, müssten die Vorgaben umgesetzt werden – und auf Deichen dürfen keine Bäume stehen.

Auch BRW-Geschäftsführer Engin Alparslan hat bei dem Gedanken an eine möglich Rodung Bauchschmerzen. „Das tut uns auch weh“, sagt er. „Aber unsere Aufgabe ist an diesem Punkt der Hochwasserschutz.“ Sollte bei dem Gespräch am 8. November keine Lösung gefunden werden, müsste der BRW jedoch recht zeitnah mit den Rodungen beginnen: „Niemand weiß, wann das nächste Hochwasser kommt“, erklärt Engin Alparslan.

Eine mögliche, wahrscheinlich deutlich teurere Lösung bringt der BRW-Geschäftsführer ins Gespräch: „Die Itter könnte in Teilbereichen umgelegt werden“, sagt er. Der Bachverlauf könnte ein Stück in Richtung Süden gelegt werden, damit die Bäume erhalten blieben. Jedoch müsse in diesem Fall genau geschaut werden, wie die Grundstückverhältnisse seien. Bei Bedarf müsste Land erworben werden.

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