Weihnachtsgeschichten Früher war mehr Lametta

Hilden · Weihnachten ist das Lieblingsfest der Deutschen. Mit Heiligabend, Tannenbaum und Bescherung sind viele Erinnerungen verbunden, die niemand vergisst.

 Weihnachten 1945: Klaus Hopmann hat ein Dreirad geschenkt bekommen.

Weihnachten 1945: Klaus Hopmann hat ein Dreirad geschenkt bekommen.

Foto: Klaus Hopmann

Weihnachten 1960: Hedwig war damals vier Jahre alt. Links ihr Weihnachtsgeschenk: eine Puppenstube. „Die hatten meine Eltern selbst gebastelt - aus Sperrholz.“ Das machte nichts, Hedwig war glücklich. Rechts steht die Krippe. „Mein Vater hatte die Häuschen aus Zigarrenkisten gebaut mit buntem Transparentpapier an den Fenstern. Unten waren sie offen und wurden von einer Glühbirne angestrahlt.“ Der Weihnachtsbaum war traditionell ganz in Silber gehalten. Das Foto beweist: Mit dem geflügelten Wort „Früher war mehr Lametta“ hatte Loriot recht. Das Lametta wurde nach dem Fest übrigens vorsichtig wieder abgenommen und für das nächste Weihnachten eingelagert. Es waren die Aufbaujahre nach dem Krieg. Die meisten Deutschen mussten sparsam sein, konnte sich noch nicht viel leisten. Auf der Weihnachtstanne waren echte Wachskerzen, elektrische Lichterketten kamen erst sehr viel später auf. „Deshalb stand neben dem Baum immer ein gefüllter Wassereimer“, erinnert sich Hedwig: „Und wir Kinder mussten immer auf die brennenden Kerzen aufpassen.“ Den silbernen Tannenbaumschmuck ihrer Eltern hat die 64-jährige aufbewahrt und schmückt damit ab und an ihren Weihnachtsbaum. Lametta von damals ist auch noch da. Ihre beiden erwachsenen Kinder finden das schön. Es ist ein Stück Erinnerung an ihre verstorbenen Großeltern, die sie sehr  geliebt haben. Gerade an Weihnachten, wenn sich die Familie um den Tannenbaum versammelt,  wird viel über sie gesprochen, erzählt und gelacht.

Weihnachten 1976, vermutet Nicole Anfang. Sie (sechs Jahre alt) sitzt ganz rechts auf dem Schoß ihrer Oma, in der Mitte ihre Eltern, ganz links ist ihre kleine Schwester zu sehen. Weil ihre dritte Schwester nicht auf dem Foto ist, hat sie es wohl gemacht, vermutet sie. Ihre Weihnachtsgeschichte klingt wie ein Märchen: „Ich habe mit 13 Jahren ein echtes Pony zu Weihnachten bekommen. Das stand bei der Bescherung unterm Weihnachtsbaum in unserem Wohnzimmer.“ Und natürlich hat niemand ein Foto von dieser schönen Bescherung gemacht, weil alle so aufgeregt waren. Nicole war wie viele Mädchen Pferde-verrückt. Unweit von ihrem Elternhaus gab es einen Pferdehof. Dort hielt ein wohlhabender Unternehmer drei Pferde. Er war todkrank und wollte das seine Tiere in gute Hände kommen. Deshalb hat er Nicole ein Pferd geschenkt. Und weil Pferde nicht allein sein können, musste Pony Romeo her. Das andere Pferd stand Heiligabend übrigens draußen auf der Terrasse und hat durch das Fenster die Bescherung mit verfolgt – weil es nicht ins Wohnzimmer passte. „Mein Vater hat das Rauchen aufgegeben, damit wir uns Romeo leisten können“, erinnert sich Nicole Anfang: „Einmal haben wir Romeo vor einen alten R4 gespannt und sind im Rosenmontagszug mitgefahren.“

Weihnachten 1984/1984 vermutet Torsten Brehmer. Opa Karl-Heinz (auf dem Foto ist rechts seine Hand zu sehen) hat ihm eine Dampfmaschine geschenkt. Nicht ohne Hintergedanken, vermutet Brehmer: „Opa Karl-Heinz war Anlagenbauer, technisch interessiert und versiert. Der Versuch, seine einzigen Enkel für Technik zu interessieren, ist leider kläglich gescheitert.“ Im Keller hatte der Opa eine rund 20 Quadratmeter große Modell-Eisenbahn aufgebaut: „Da habe ich oft und gerne gespielt.“ Am Ende ist der 47-Jährige dann aber Versicherungsfachmann geworden und nicht Ingenieur.  Weihnachten kam die ganze Familie unterm Tannenbaum zusammen. „Mama kocht ganz hervorragend. Diese Leidenschaft habe habe ich übernommen.“ Deshalb sorgt Torsten Brehmer für das Weihnachtsessen: Gekochte Ochsenbäckchen wird er seinen Lieben servieren. Und deshalb hat er sich auch besonders gefreut, als sich seine beiden Kinder (18 und 17 Jahre alt) einmal Rinderzunge wünschten - „Die gab´s doch immer bei der Oma im Saarland“. Nur zu gerne hat Torsten Brehmer seinen Kindern diesen Wunsch erfüllt: „Rinderzunge ist was ganz Feines.“

 Weihnachten 1960: Hedwig freut sich über ein selbst gebautes Puppenhaus (l.).

Weihnachten 1960: Hedwig freut sich über ein selbst gebautes Puppenhaus (l.).

Foto: Christoph Schmidt
Früher war mehr Lametta
Foto: Christoph Schmidt
 Weihnachten 1980er Jahre: Torsten Brehmer mit Dampfmaschine.

Weihnachten 1980er Jahre: Torsten Brehmer mit Dampfmaschine.

Foto: Christoph Schmidt
 Weihnachten 1961: Josef (6) und Franc Markelj (11) mit ihrem Weihnachtsgeschenk, einem Kofferradio.

Weihnachten 1961: Josef (6) und Franc Markelj (11) mit ihrem Weihnachtsgeschenk, einem Kofferradio.

Foto: Franc und Josef Markelj
 Weihnachten ca. 1976 fand Nicole Anfang Weihnachten Pony Romeo unterm Baum. Das untere Bild zeigt Nicole Anfang (r.) mit etwa sechs Jahren mit ihrer Familie.

Weihnachten ca. 1976 fand Nicole Anfang Weihnachten Pony Romeo unterm Baum. Das untere Bild zeigt Nicole Anfang (r.) mit etwa sechs Jahren mit ihrer Familie.

Foto: Nicole Anfang

Weihnachten 1961 Josef und sein Bruder Franc Markelj sind damals sechs und elf Jahre alt. Es ist ihr erste Weihnachtsfest in ihrer neuen Heimat Deutschland. ihre Eltern sind mit ihren beiden Kindern im Juni 1961 aus Slowenien geflohen, das damals noch zu Jugoslawien gehörte. Die beiden Jungs halten stolz ein Kofferradio in der Hand. „Das Radio war ein Geschenk, für das viele Personen zusammen gelegt hatten, um uns zu beschenken“, erinnert sich Franc Markelj: „Eine unglaubliche neue Welt war das damals für uns zwei.“

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