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Friseursalons An die Schere, fertig, los!

Hilden · Die Friseure haben nach sechs Wochen Zwangspause wieder geöffnet – und sind über Wochen komplett ausgebucht. Für Terminanfragen klingelte das Telefon teilweise bis tief in die Nacht.

 Mod‘s Hair hat wieder geöffnet: Marco Cavallo hatte in den letzten Wochen viele schlaflose Nächte. Die Ankündigung des Neustarts ließ ihn beherzt in die Vorbereitungen einsteigen.

Mod‘s Hair hat wieder geöffnet: Marco Cavallo hatte in den letzten Wochen viele schlaflose Nächte. Die Ankündigung des Neustarts ließ ihn beherzt in die Vorbereitungen einsteigen.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Das Telefon klingelt pausenlos – an manchen Tagen bis 1 Uhr nachts. „Nach 23 Uhr gehe ich zwar meist nicht mehr ran, aber zuvor beantworte ich alles“, erklärt Marco Cavallo. Seit Montag hat sein Friseursalon „Mod’s Hair“ in der Hildener Innenstadt wieder geöffnet, und die Tage zuvor vergab er telefonisch quasi rund um die Uhr Termine. „Für die nächsten Wochen sind wir komplett ausgebucht“, berichtet der 42-Jährige, während er Andreas Laws‘ nasses Haar schneidet, den Nacken ausrasiert und dann föhnt. Cavallo und seine Kolleginnen wirken noch geschäftiger als sonst, sind neben dem normalen Geschäft doch eine Reihe an Hygienemaßnahmen zu beachten. Das Team trägt Masken, zieht zum Färben rasch Handschuhe über, desinfiziert nach jedem Benutzen flink Scheren und Rasierer, bringt die Umhänge nach jedem Kunden in die Wäsche, reinigt die Waschbecken und fegt den Boden. „Friseure arbeiten ohnehin sehr hygienisch, im Moment achten wir aber noch penibler auf alles“, sagt Cavallo.

In und nach den sechs Wochen Pause aufgrund der Corona-Situation erlebte er bei seinen Kunden vor allem eines: große Verbundenheit mit seinem Geschäft und große Dankbarkeit, nun wieder einen Termin zu bekommen. „Als wir nicht wussten, wann wir wieder öffnen dürfen, haben mich Stammkunden mit Bonbons überrascht.“ Damit meint er: Mit Gutscheinen und Überweisungen in der Zeit ohne Einkünfte, damit der Laden auf keinen Fall aufgeben muss – einmal erhielt er einen Gutschein in Höhe von 500 Euro, „einfach so, weil die Kunden möchten, dass wir bleiben.“ Für jede Terminzusage, ja allein schon für das Erreichen am Telefon bedankten sich die Kunden vielfach. Ob der Stellenwert der Friseure durch Corona gestiegen sei? „Auf jeden Fall.“ Andreas Laws ist Stammkunde bei Mod’s Hair und freut sich sehr, rasch einen Termin bekommen zu haben. „Als Betriebsleiter lege ich Wert auf ein gepflegtes Äußeres, man geht ja in gewisser Weise auch als Vorbild voran“, sagt er. „Das war jetzt nach sechs Wochen höchste Zeit für einen neuen Schnitt.“

Die Corona-Krise hat Friseur Marco Cavallo viele schlaflose Nächte beschert. „Ich hatte Existenzangst. Das ist ein schlimmes Gefühl, das wirklich zehrt und das ich niemandem wünsche.“ Einen Monat noch, so hat er ausgerechnet, hätte er überbrücken können, „danach wäre es knapp geworden.“ Als Angela Merkel bekanntgab, dass Friseurläden wieder öffnen dürfen, sei die Erleichterung groß gewesen. Sofort besorgte er Desinfektionsmittel, Umhänge und Acrylglasscheiben, die nun zwischen den Waschbecken hängen, sowie Visiere, damit künftig auch Schminken und Augenbrauenzupfen möglich sind. Cavallo und seine Angestellten wie die Auszubildende Valentina Bondanese und Mitarbeiterin Kati Cavallo bildeten sich in der Zwischenzeit mit Webinaren und an Puppenköpfen weiter. „Und wir selbst müssen jetzt natürlich auch wieder schick aussehen für unsere Kunden“, berichtet Kati Cavallo, die an diesem Tag Valentina Bondaneses rotes Haar schwarz färbt und selbst von Schwarz auf Blond umsteigt und ergänzt: „Frische Farbe als kleine Erfrischung für unsere Kunden.“

Bei Minfried Taprogge im gleichnamigen Friseursalon an der Benrather Straße geht es ab Dienstag täglich von 8 bis 19 Uhr zur Sache. Nahtlos reihen sich die Termine aneinander, um den nötigen Mindestabstand einhalten zu können und den vielen Kundenanfragen gerecht zu werden. Montag nahmen er und sein Team sich zunächst Zeit für Risikopatienten, damit diese nicht zu stärker frequentierten Zeiten kommen müssen. „Team“, das steht bei Taprogge nicht nur außen am Salon, sondern das wird gelebt, wie sofort zu spüren ist. Eine warme, freundliche Stimmung umfängt Mitarbeiter und Kunden, die Abläufe in dieser besonderen Zeit planten alle Vollzeitkräfte sowie die Auszubildende gemeinsam. Auf den Kundenansturm sind Minfried Taprogge, Geselle Joshua Sobirey und Auszubildende Lilien Markgraf bestens vorbereitet, sie zeigen Desinfektionsmittel und die großzügigen Räumlichkeiten, auf die Kunden und Mitarbeiter aufgeteilt werden.

 Friseur Minfried Taprogge und sein Team – Joshua Sobirey und Lilien Markgraf.

Friseur Minfried Taprogge und sein Team – Joshua Sobirey und Lilien Markgraf.

Foto: Sarah Dietel
 Im Salon „Mod‘s Hair“ wäscht Valentina Bondanese der Kundin Kati Cavallo die Haare.

Im Salon „Mod‘s Hair“ wäscht Valentina Bondanese der Kundin Kati Cavallo die Haare.

Foto: Sarah Dietel

42 Jahre ist der 68-jährige Taprogge nun selbständig, „aber so eine Krise habe ich noch nicht erlebt.“ Die Einführung des Euro sei ebenfalls eine schwierige Zeit gewesen, in der die Kunden sehr auf das Geld geachtet hätten, „aber das ist kein Vergleich zu null Einnahmen in den letzten Märztagen und im April.“ Voll des Lobes ist er für die unkomplizierte Soforthilfe, die Stundung der Sozialabgaben durch das Finanzamt und die Hilfestellung von Unternehmen wie beispielsweise L`Òreal, mit denen er zusammenarbeitet. „Die Krise bringt auch Positives mit sich. Und die Wertschätzung der Friseure ist durch die Schließung immens gestiegen. Gott sei Dank.“ Sehr Leid tut es ihm für die Gastronomie. „Ich hoffe, dass alle, auch die, die vielleicht gerade groß investiert haben oder etwas Neues aufbauen wollten, durchkommen und weitermachen können.“

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