Hilden Film über den Feind im Kopf

Düsseldorf · Daniel Horst aus Hilden starb mit 32 Jahren an einem Gehirntumor. Patrick Lipke, freier Autor beim ZDF, hat über den Kampf seines Freundes gegen den Krebs einen bewegenden Film gedreht. Das Werk läuft am Sonntag im Düsseldorfer Savoy-Theater.

Hilden/Düsseldorf Daniel Horst hat immer davon geträumt, Kameramann zu werden. Film war sein Medium, seine bevorzugte Art, sich auszudrücken. So erscheint es nur folgerichtig, dass der Hildener sich in den schwersten Tagen seines Lebens von der Kamera begleiten ließ. Dass es sein Abschied werden würde, ein bewegendes Dokument über einen, der lange erfolgreich gegen den Krebs kämpft, um dann dennoch zu verlieren, konnte er nicht wissen. Gedreht hat den Film Patrick Lipke, Daniels bester Freund seit der Grundschule. "Vor seiner fünften Operation hat Daniel gesagt, dass er danach wohl nicht mehr sprechen könnte, aber immer noch da wäre. Ich wollte ihm eine Stimme geben, um seine Geschichte zu erzählen."

Es ist die Geschichte vom "Feind im Kopf", so der Filmtitel, vom Kampf gegen den eigenen Körper, aber auch von Aufopferung, von Freundschaft und familiärem Zusammenhalt. Daniel erhielt die furchtbare Diagnose im September 2002, mit 26: Gehirntumor, Glioblastom, Grad vier. Bösartig und aggressiv, heißt das. Die Prognose: sehr schlecht. Aber Daniel stemmte sich gegen die Krankheit, über sechs Jahre und sechs Operationen. Lipke begleitete ihn die gesamte Zeit als Freund, aber nur drei Wochen lang intensiv mit der Kamera, vor der fünften OP. "Im Nachhinein habe ich mir gewünscht, wir hätten uns schon früher zu einem Film entschlossen, denn Daniel hat drei Jahre einigermaßen beschwerdefrei gelebt." Zum Zeitpunkt des Drehs war Daniel teilweise gelähmt und sprach sehr schlecht. Den Film aber, den wollte er unbedingt.

Kameramann als Berufsziel

Bei Patrick und Daniel lief schon immer eine Kamera, die beiden experimentierten als Jugendliche herum, drehten jeden Quatsch. Das Ziel stand fest, und Daniel hatte erste Aufträge als Kameramann, als die Dinge aus dem Ruder gerieten. Seine geliebte Kamera legte er deshalb nicht aus der Hand, sondern filmte weiter, mehr als vorher. Bis er nicht mehr konnte und sein Freund Patrick übernahm. "Natürlich haben wir vorher die Familie gefragt", erzählt der 31-Jährige, "zudem musste ich meine Berührungsängste überwinden." Wenn es zu intim, zu emotional wird, geht er auf Distanz, gibt den Gefühlen den Raum, den sie brauchen. Und er sentimentalisiert nicht, sondern porträtiert nüchtern, zeigt die bedrückenden Gespräche mit Medizinern.

Im Mittelpunkt: Daniels Mutter und sein zwei Jahre älterer Bruder Martin. Rührend und aufopferungsvoll kümmert sich der Ältere um jedes Detail, will genau so wenig aufgeben wie Daniel. Lipke hat dies erkannt und sich selbst im Film völlig zurückgenommen; stattdessen erzählt er vom Rückhalt, den die Familie bieten kann, von der Liebe zwischen zwei Brüdern. Nicht ohne Brüche, auch zwischen Daniel und Martin kommt es mal zum Streit, wenn der Stress überhand nimmt. Nur ein kurzer, zusammengeschnittener Rückblick mit Aufnahmen, die vor der Krankheit entstanden, dokumentiert das unbeschwerte Verhältnis der beiden Freunde Patrick und Daniel.

Nur die Rohfassung gesehen

Ein Jahr arbeitete Lipke, heute freier Autor beim ZDF-Studio in Düsseldorf, am Schnitt, wertete rund 40 Stunden Material aus. "Erst beim Schneiden ist mir bewusst geworden, dass es hier ums Sterben geht. Das war ein Schock", erzählt er. Das Sterben selbst spart der Film aus, so weit wollte Lipke nicht gehen. Zu intim sei das, zu würdelos. Als es mit Daniel rapide bergab ging, zeigte Patrick ihm und seiner Familie noch eine Rohfassung. "Daniel war gerührt und hat sich daraufhin noch einmal in Berlin operieren lassen", so Lipke. Doch der Eingriff brachte nur eine kurzzeitige Verbesserung. Eigentlich wollte Patrick Lipke seinem besten Freund Daniel den fertigen Film zu dessen Geburtstag am 27. Mai vorführen, schaffte den Termin aber nicht. Daniel Horst starb am 23. September 2008, mit 32 Jahren.

(RP)
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