Hilden/Haan Fahrtüchtigkeit hinterfragen
Düsseldorf · Noch sind Senioren gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil vergleichsweise wenig an Unfällen beteiligt. Aber der Anteil der Hochbetagten – und damit der Schweregrad der Beeinträchtigungen im Straßenverkehr – wächst.
Hilden /Haan Eine 78-jährige Autofahrerin übersieht in Hilden beim Abbiegen einen Radfahrer; er wird bei dem Zusammenstoß schwer verletzt. Ein 84-jähriger Autofahrer verliert die Gewalt über seinen Wagen und prallt gegen einen Baum. Nachrichten wie diese lösen immer wieder Debatten über die Frage aus, ob die Fahrtüchtigkeit älterer Autofahrer nicht besser kontrolliert werden müsse. Die Zahlen indessen liefern zunächst keinen Beleg dafür, dass Senioren am Steuer eine Gefahr darstellen. Die Senioren im Kreis Mettmann stellen 22,8 Prozent der Bevölkerung, aber 2009 waren sie nur mit 16 Prozent an der Gesamtheit der Unfälle beteiligt.
Zunehmende Unfallbeteiligung
Insgesamt aber lässt sich kreisweit seit 1997 ein stetiger Anstieg bei der Verwicklung von Senioren in Unfälle beobachten (von 409 auf 780), sagt Bernd Hildebrand, Leiter der Verkehrsunfallprävention bei der Kreispolizei. Dies spiegelt die zunehmende Mobilität auch älterer Menschen wieder. "Jetzt wächst die erste Generation ins Rentenalter hinein, die immer einen Führerschein besaß. Früher, in den 50ern, fuhren vor allem Frauen kaum Auto".
Eine Herausforderung für die Verkehrsexperten stellt vor allem die wachsende Altersgruppe der Über-80-Jährigen dar. In Hilden wird ihre Zahl nach einer Prognose von IT.NRW (Information und Statistik) bis 2030 von 3020 (2010) auf 5530 steigen, in Haan von 1500 auf 2230. Mit dem Alter gehen körperliche Beeinträchtigungen, etwa ein vermindertes Hör- und Sehvermögen und eine geringere Beweglichkeit, einher, die die Fahrtüchtigkeit erheblich einschränken können. Senioren können Entfernungen und Geschwindigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer schlechter einschätzen und fühlen sich durch unübersichtliche Situationen oder zu viele Verkehrsschilder leicht überfordert. "Die Bereitschaft, sich mit den eigenen Mankos auseinandersetzen, muss schon vorhanden sein", fordert Hildebrand. Er empfiehlt, den Hausarzt zu konsultieren. Der könne auch am ehesten die Auswirkungen von Medikamenten (etwa Psychopharmaka) auf die Fahrtüchtigkeit beurteilen. "Von Fremden nehmen ältere Leute auch eher Rat an." Kleinere Einschränkungen ließen sich auch durch vorsichtigeres Fahren, das Vermeiden von stressbelasteten Verkehrssituationen und Fahrten im Dunkeln kompensieren. "Es gib ja auch technische Hilfsmittel wie Einparkhilfen" , sagt Hildebrand. Gerade das Ein- und Ausparken, Einmündungen und komplexe Kreuzungen bereiteten den Senioren Schwierigkeiten.
Alternativen aufzeigen
Wenn sich ein Senior uneinsichtig zeige, können seine Verwandten bei der Straßenverkehrsbehörde beantragen, die Fahrtüchtigkeit gutachterlich feststellen zu lassen. "Sie entscheidet dann, ob der Führerschein eingezogen wird oder nicht", erläutert Hildebrand. Auch die Aktion ASS (Aktionsbündnis für Senioren-Sicherheit) habe einige Senioren bewogen, ihren Führerschein freiwillig abzugeben. Wichtig sei, den Betroffenen alternative Fortbewegungsmöglichkeiten aufzuzeigen.