Hilden Fahrschüler verlangt Joystick als Lenker

Hilden · Fahrlehrerverbände beklagten erhebliche Defizite bei Führerscheinanwärtern. Ihnen fehle es an fundamentalen Fähigkeiten zum Lenken eines Fahrzeugs. Der Leverkusener Kreisobmann und Fahrlehrer bestätigt das aus der Praxis.

 Fahrlehrer Jörg Weser mit einem Fahrschüler bei einer Theorieübung.

Fahrlehrer Jörg Weser mit einem Fahrschüler bei einer Theorieübung.

Foto: Uwe Miserius

Stimmt es, dass immer mehr Fahrschüler durch die theoretische und praktische Prüfung rasseln, weil diese immer schwieriger werden? Ist es richtig, dass Fahranfänger zunehmende Defizite haben? - Eben das bemängelten kürzlich die Fahrlehrerverbände Nordrhein und Westfalen. Sie behaupteten, den Führerscheinanwärtern fehle es an bewusster Wahrnehmung des Verkehrs und anderen fundamentalen Fähigkeiten, die zum Lenken eines Fahrzeuges unabdingbar sind. Als Beispiele wurden koordinative Fähigkeiten genannt, zu denen Orientierung und Reaktion zählen.

Die Gründe seien vielfältig, hieß es. Junge Menschen seien mit Verkehrssituationen nicht ausreichend vertraut, weil sie von "Helikopter"- Eltern selbst bei kurzen Strecken überall hingefahren würden. Außerdem seien Jugendliche ständig digital unterwegs und abgelenkt von ihrer Umwelt. Jörg Weser, Kreisobmann des Fahrlehrerverbandes Rhein-Wupper und seit 1994 Besitzer einer eigenen Fahrschule in Opladen, bestätigt die Beobachtungen. "Es gibt Veränderungen", sagt der 56-jährige Fahrlehrer. "Die Durchfallquote ist gestiegen, Schüler benötigen immer mehr Fahrstunden und wir Fahrlehrer immer mehr pädagogische Fähigkeiten."

Die Probleme beginnen schon bei der Theorie. Der Fragenkatalog sei zwar umfangreicher, das Lernen aber einfacher geworden. Jede moderne Fahrschule arbeite mit einem Online-System, das auf Knopfdruck die richtige Seite des Lehrbuchs anzeige.

"Fahrschülern mangelt es vielfach an Durchhaltevermögen", nennt Weser einen wesentlichen Grund. "Sie schaffen es nicht, sich über längere Zeit zu konzentrieren und kontinuierlich zu lernen." Die Sprache - wie gelegentlich behauptet - spiele hingegen keine Rolle, zumal die Prüfung in zwölf Sprachen einschließlich Arabisch absolviert werden könne. "Nur Niederländer haben ein Problem, diese Sprache wird nicht angeboten", erzählt Weser.

Ähnlich gelagert seien die Fälle beim praktischen Unterricht. Zwar seien die Anforderungen insgesamt höher geworden, räumt Weser ein. "Doch Jugendliche leiden Qualen, wenn sie das Smartphone mal 45 Minuten ausstellen müssen", beschreibt er seine Erfahrungen.

Obwohl er umweltfreundlich mit zwei auf Flüssiggas umgerüsteten Fahrzeugen und nach der Maxime "Learning bei Doing" (Lernen durch Tun) schult, beginnt manche Mühe schon beim Lenken. Einmal hatte er sogar einen Fahrschüler, der nach einem Joystick verlangte, mit dem zumeist Computer-Spiele bedient werden. Weil es diesen natürlich nicht in einem Fahrzeug gab, kaufte der Schüler ein Lenkrad, übte damit und konnte nach einigen Tagen lenken.

(RP)
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