Hilden Ex-Box-Meister trainiert Flüchtlinge

Hilden · Hilmi Hyseni war 1985 Vize-Landesmeister in Jugoslawien. Er lebte selbst acht Jahre in einer Notunterkunft in Hilden.

 Hilmi Hyseni (r.) im Sparring mit Binem (l.), den er für ein großes Boxtalent hält. Der 21-jährige Eritreer kam vor zwei Monaten nach Hilden.

Hilmi Hyseni (r.) im Sparring mit Binem (l.), den er für ein großes Boxtalent hält. Der 21-jährige Eritreer kam vor zwei Monaten nach Hilden.

Foto: Olaf Staschik

Sechs junge Männer sind in den Kellerraum der Flüchtlingsunterkunft gekommen. In einer Ecke hängt ein nagelneuer Sandsack, am Boden liegen ein paar Hanteln. Hilmi Hyseni baut sich vor der kleinen Gruppe auf und klatscht in die Hände: "Und los." Der 48-Jährige macht jede Übung vor: Laufen auf der Stelle, Arme kreiseln lassen, Strecken, Dehnen. "Hop, hop, hop", feuert der Trainer die anderen an. Es dauert keine fünf Minuten, da atmen die ersten hörbar schwer. Ein etwa Sechsjähriger steht daneben und schaut sehnsüchtig zu. Mitmachen bei dem Sportangebot dürfen nur Erwachsene.

Hyseni holt sich Binem zum Sparring. Der 21-jährige Eritreer ist erst seit zwei Monaten in Hilden. "Er ist ein großes Talent", ist sich der Trainer sicher: "Er kann sofort umsetzen, was ich vormache." Ein Landsmann übersetzt Binem das Kompliment. Der junge Mann lächelt. "Boxen geht nicht mit Kraft, sondern mit dem Kopf", doziert Hyseni.

Er muss es wissen. 1985 war der damals 19-Jährige jugoslawischer Vize-Landesmeister im Federgewicht. 1990 kam er mit seiner Frau und drei kleinen Kindern als Flüchtling nach Hilden: "Acht Jahre haben wir im Asyl gelebt. Der Start war nicht einfach." Seine Karriere als Boxer konnte der Hildener nicht fortsetzen. Aber er blieb dem Boxsport verbunden, unter anderem als Trainer beim Boxring Neuss. Und heute steht er wieder da, wo damals sein neues Leben in Hilden begann. Boxen habe nichts mit Gewalt zu tun, betont der Trainer: "Im Gegenteil. Wer trainiert, ist ausgeglichen, fühlt sich gut und ist gerade nicht aggressiv." In den drei Unterkünften leben 170 Asylbewerber aus 33 Nationen.

"Wir haben die gleichen Probleme wie andere Nachbarschaften auch, aber auch nicht mehr", erklärt Michaela Neisser, zuständige Sachgebietsleiterin im Amt für Soziales und Integration. Das Sportangebot sei Teil der "Willkommenskultur": "Es fördert die Gemeinschaft und macht die schwierige Situation für die Flüchtlinge erträglich", hat Neisser festgestellt. Hyseni ist für sie ein Glücksfall: "Weil er weiß, wie sich Asylbewerber fühlen." Und dass sie Zeit und Verständnis brauchen, um sich einzugewöhnen.

Wo sich besondere Talente zeigen, werden sie gezielt gefördert. Jennifer ist so ein Fall. Die 26-jährige Nigerianerin lebt seit zwei Jahren in Hilden und ist richtig gut im Kugelstoßen und Diskuswerfen, schwärmt Tobias Wobisch vom Integrationsbüro. Jennifer trainiert beim DSV 04 Düsseldorf und hat gerade die Westdeutschen Meisterschaften im Kugelstoßen gewonnen. "Sport ist mein Leben und macht mich glücklich", strahlt die junge Frau: "Die Leute im Verein sind nett."

Das Leben im Asylbewerberheim Luisental in Mönchengladbach
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Sport sei ideal, um Flüchtlinge zu integrieren, betont Neisser: "Das ist aber auch eine Gratwanderung. Das geht nur, wenn absehbar ist, dass die Flüchtlinge länger bleiben dürfen. Sonst tun wir ihnen damit keinen Gefallen." Und man müsse den Asylbewerbern Zeit geben, anzukommen. Neben Sport/Fitness gibt es noch andere Angebote. Einige Flüchtlinge kümmern sich um den ehemaligen Fabry-Kräutergarten neben dem Haus. Es gibt ein Spielzimmer für Kinder. Demnächst will ein Fußball-Team von Asylbewerbern gegen eine Auswahl der Stadtverwaltung antreten.

(RP)
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