Hilden Erzeuger halten nichts von höherer Mehrwertsteuer auf Fleisch

Hilden/Haan · Der Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Fleisch zu erhöhen, ist noch nicht vom Tisch – und ruft bei den regionalen Erzeugern nicht unbedingt Begeisterungsstürme hervor. Wir haben uns umgehört.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Eine Mehrwertsteuererhöhung auf Fleisch, von 7 auf 19 Prozent, haben deutsche Politiker vor kurzem gefordert und argumentieren mit dem Tierwohl – wenn denn die Mehreinnahmen zweckgebunden in bessere Haltungsbedingungen, beispielsweise Stallumbauten, fließen würden.

Das ist eine super Idee meinen die Einen, da kann das Geld für mehr Tierwohl herkommen. Schlechte Idee sagen die Anderen, denn die höheren Preise blieben am Ende beim Verbraucher hängen. Mögliche Folge: Menschen mit weniger Geld greifen weiter zur günstigsten Variante oder müssen, anders als die, die mehr verdienen, verzichten. Aber was sagen die Profis aus der Region? Die RP hat sich in Hilden und Haan umgehört.

Der Hildener Bauer Markus Hanten ist sich sicher, dass durch eine solche Regelung vor allem der Staat mehr Einnahmen hätte – denn ob das Geld später wirklich wieder den Tieren zugutekommt, das könne man nicht mit Sicherheit sagen. Zudem sehe er bei einer Erhöhung von 12 Prozentpunkten auf den Endpreis die Gefahr, dass am Ende nur mehr Fleisch importiert und das hiesige für manchen Verbraucher unerschwinglich werden könnte.

Hanten ist mit seiner Landmetzgerei (Beckersheide 16a) Mitglied des Naturverbunds Thönes in Wachtendonk und bezieht von dort sein Fleisch. Hier werde ganz besonders aufs Tierwohl geachtet. „Für ein gutes Produkt, muss es den Tieren gut gehen“, sagt Hanten und beschreibt die Kriterien, auf die beim Naturverbund geachtet werde. „Die Grundbedürfnisse sind Sicherheit und den Neigungen nachzugehen.“ Dazu gehörten Schutz vor der Witterung, vor Feinden, Fressen und Saufen aber auch die individuellen Neigungen verschiedener Arten. „Kühe wollen grasen, sich bewegen. Schweine wollen wühlen und ihren Artgenossen auch mal aus dem Weg gehen können. Hühner wollen scharren an der frischen Luft.“ All das sei den Tieren im Naturverbund möglich, erklärt der 46-Jährige. Von seinem Hof in Hilden aus organisiert er für Interessierte Fahrten, damit diese sich selbst ein Bild machen können – auch von der Schlachtung.

Rund 50 Prozent mehr zahle Hanten für Tiere aus der naturverbundenen Haltung, „aber das kommt direkt bei den Tieren an“, erklärt der gelernte Metzger. Von der Gewohnheit, dass billiges Fleisch jederzeit verfügbar sein muss, halte er nichts, wolle aber auch nicht so hohe Kosten, dass Verbraucher ausgeschlossen würden. Seine Lösung: nur so viel produzieren, wie auch verkauft wird, das spare Verluste ein. Zudem habe er den Anspruch, das ganze Tier zu verarbeiten. Dazu, wie Bauern geholfen werden könnte, bei der Haltung mehr auf Tierwohl zu setzen, hat er auch eine Idee. „Es sollte einen finanziellen Ausgleich geben, wenn man weniger Tiere hält, als theoretisch erlaubt.“

Alexander Hennig, Inhaber der Metzgerei A. Rauschmann (Bahnstraße 36) in Haan-Gruiten sieht den Vorstoß der Mehrwertsteuererhöhung als nicht durchdacht. „Die, die es schon vernünftig machen, haben dadurch Nachteile“, denn er könne nicht einfach eine Erhöhung von 12 Prozentpunkten an die Kunden weitergeben. Der Gruitener Familienbetrieb zeigt, wie es gehen kann – regionale Zulieferer und kurze Wege sparen Transportkosten. Der Bauer bekommt dafür mehr fürs Tier. „Und hat nicht den Druck ,schnell und viel zu produzieren“, sagt Hennig. Seiner Meinung nach sollten Kontrollen bei Vieh-Betrieben aufgestockt, Verstöße konsequenter bestraft und kleinere Betriebe, die schon vieles richtig machen, besser unterstützt werden. Jedoch mahnt Hennig auch das Verbraucherverhalten an. „Solange es im Discounter für 3,99 Euro das Kilo eine fertige Wurst gibt, wird sich nix ändern.“

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