Kirche „Park & Pray“: Gottesdienst vor 30 Autos

Hilden · Parke und Bete: Rund 30 Autos rollten Sonntag auf den Parkplatz des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums – zum ersten Autogottesdienst in der Itterstadt. Aus rund 30 Fahrzeugen folgten die Gläubigen der Predigt und sangen inbrünstig und aus sicherer Entfernung hinter der Windschutzscheibe mit.

 Autogottesdienst auf dem Lehrerparkplatz des Schulzentrums Gerresheimerstraße: Pfarrerin Nicole Hagemann

Autogottesdienst auf dem Lehrerparkplatz des Schulzentrums Gerresheimerstraße: Pfarrerin Nicole Hagemann

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Außergewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Das betrifft dieser Tage der Coronakrise zwar alle, doch besonders die älteste Institution der Welt – die Kirche – hat sich in den vergangenen Wochen und in kürzester Zeit neu erfunden, bemerkt Pfarrerin Nicole Hagemann. Nach Schließung der Gotteshäuser, Aufzeichnungen von Gottesdiensten und Andachten vor leeren Rängen und der Übertragung des Materials über das Internet, stand die Theologin am Sonntagvormittag neugierig vor der nächsten Herausforderung, um Gemeindemitglieder dieser Tage Halt und Hoffnung zu geben: Ein seitlich aufgeklappter LKW vom Katastrophenschutz der Johanniter hatte sich mit wenigen Handgriffen – einem mit weißen Stoff bedeckten Tisch, einem üppigen Blumengesteck und drei unterschiedlich großen Kerzen – in einen improvisierten Altarraum verwandelt. Von dort aus würde Hagemann und Ideengeber Will Hammelrath in wenigen Minuten den ersten Hildener Autogottesdienst feiern.
Hammelrath, seines Zeichens Chemielehrer und Schulpastor am Bonhoeffer-Gymnasium, entwickelte die Idee zum Autogottesdienst bereits in den ersten Tagen der Coronakrise. „Alles wurde geschlossen, nur die Autokinos, die ich noch aus meiner Jugend kannte, erlebten ein Comeback.“ Hagemann, die seit 2014 in der Evangelischen Gemeinde Hilden tätig ist, hätte sich nie ausmalen können, einen Gottesdienst auf einem Parkplatz vor Autos zu feiern. Spannend fand sie die Idee trotzdem: „Nur an die Technik hätte ich mich nicht ran getraut, aber dafür haben wir ja großartige Unterstützung von Carsten Köser und seinem Sohn bekommen.“ Der Musiklehrer sorgte mit Mikrofone und Lautsprecher für eine ordentliche Übertragung sowie am Keyboard für die musikalische Untermalung des Gottesdienstes.
Die Resonanz des ersten Autogottesdienstes in Hilden zeigte sich positiv: Knapp 30 Fahrzeuge, eine Handvoll Fahrräder und der ein oder andere Rollator parkte während der Predigt von Hagemann und Hammelrath auf dem Platz. Fürbitten konnten die Anwesenden vor und während des Gottesdienstes per SMS oder Whatsapp an Hagemanns Handy schicken. Diese wurden, an der entsprechenden Stelle, vorgelesen. Der Gottesdienst verlief ohne Vorkommnisse.
Gemeindemitglied Alexander Rubloff (20) freute sich auf den neuartigen Autogottesdienst: „Mir fehlen die normalen Gottesdienste sehr und die Gemeinschaft.“ Die Onlinegottesdienste seien für ihn keine gute Alternative. „Die sind meist sehr kurz, die Lieder fehlen und dadurch kommt auch nicht die Stimmung rüber.“ Das unterstrich auch Lothar Müller, der mit der ganzen Familie in mehreren Autos am „Park & Pray“ teilnahm: „Das Soziale ist halt ganz wichtig. Es ist gut, dass auch die Möglichkeiten im Internet genutzt werden, aber ich kann gut nachvollziehen, dass es nicht das Bedürfnis eines normalen Gottesdienstes deckt. Da kommt ein Autogottesdienst näher ran.“
Das bestätigten auch Charlotte (14) und Mutter Bettina Paffenholz nach dem fast einstündigen Gottesdienst im Auto: „Ich fand es sehr schön“, äußerte die Gymnasiastin. „Mit war das Thema Gemeinschaft wichtig, deswegen waren wir direkt dabei. Und wir würden wieder teilnehmen.“

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