Hilden Ersatz für Zivis gesucht

Düsseldorf · Der Zivildienst dauert seit gestern nur noch sechs statt vormals neun Monate. Das hat für das Seniorenzentrum Stadt Hilden, die Johanniter und die Freizeitgemeinschaft Behinderte und Nichtbehinderte gravierende Folgen.

Die Gemeinnützigen Seniorendienste der Stadt Hilden beschäftigen in beiden Häusern 17 Zivildienstleistende. Sie sorgen unter anderem dafür, dass die 218 Bewohner regelmäßig trinken, fahren sie in die Stadt oder begleiten sie zum Arzt, erläutert Geschäftsführer Holger Reinders. Gestern war ein Zivi den ganzen Tag damit beschäftigt, mit den Krankenkassenkarten der 218 Bewohner rund 50 Arztpraxen in Hilden abzuklappern. Dort müssen die Versichertenkarten einmal pro Quartal eingelesen werden. "Ein Riesenaufwand", seufzt Reinders.

Vier Aushilfen für einen Zivi

Zum 1. Oktober eröffnet die neue Tagespflegeeinrichtung. Zwölf Betreute müssen fünf Tage die Woche zu Hause abgeholt und wieder zurückgebracht werden. "Allein mit dem Fahrdienst sind schon zwei Zivildienstleistende ausgelastet." Doch durch die Verkürzung der Dienstzeit auf sechs Monate wird der Einsatz der Zivis für Reinders immer fraglicher.

Die Zivildienstleistenden, die zum 1. September antreten, seien Ende Februar 2011 schon wieder weg. Ihre Nachfolger kämen aber frühestens ab Juli 2011. Die Träger müssten also eine "Durststrecke" von sechs Monaten mit Aushilfen überbrücken. Diese seien aber deutlich teurer als Zivis, rechnet Reinders vor: "Ein Zivi arbeitet 160 Stunden im Monat und erhält dafür im Schnitt 470 Euro. Die Hälfte davon erstattet das Bundesamt für Zivildienst. Eine Aushilfe auf 400 Euro-Basis kostet in etwa das Gleiche, arbeitet jedoch nur 40 Stunden im Monat." Vier Aushilfen seien mithin nötig, um einen Zivildienstleistenden zu ersetzen. Das könne sich keine soziale Einrichtung leisten. Die Politik gehe davon aus, dass viele Zivis freiwillig länger arbeiteten. Ob das wirklich so sei, bleibe abzuwarten.

FSJ-ler als Alternative

Bei der Freizeitgemeinschaft für Behinderte und Nichtbehinderte betreuen ab August 20 bis 25 Zivis rund 70 behinderte Kinder in Schulen und Kitas. "Wir versuchen, auf FSJ-ler (Freiwilliges Soziales Jahr) umzustellen", erklärt Dr. Anca Skerutsch, Beauftragte für Zivildienstleistende. Problem: FSJ-ler könnten sehr leicht kündigen. Zudem handele es sich in der Regel um junge Frauen: "Für junge Behinderte im Pubertätsalter brauchen wir aber junge Männer als Betreuer, etwa bei Toilettengängen." Aushilfen würden die Kosten der Einrichtung "ins Unermessliche" erhöhen. Konsequenz: weniger Leistung oder höhere Zuschüsse, meint Skerutsch.

Die Hildener Johanniter setzen acht Zivis vor allem für den individuellen Fahrdienst für Behinderte im Kreis Mettmann ein. Sie wickeln rund 200 Fahrten im Monat ab. Diese acht Stellen sind bis Ende des Jahres besetzt. "Dann müssen wir sehen, wie sich die Situation entwickelt", meint Standortleiter Ulrich Hagemann. Die Johanniter wollen versuchen, Zivis durch FSJ-ler zu ersetzen: "Andernfalls werden wir erhebliche Schwierigkeiten haben, unsere Aufgaben zu erfüllen."

(RP)
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