Unfall-Prävention Emotionaler Crash-Kurs für Schüler

Hilden · Mediziner, Seelsorger und Polizisten berichten sehr persönlich von ihren Erlebnissen bei tödlichen Verkehrsunfällen.

 Polizeihauptkommissarin Katja Lindemann moderiert die Veranstaltung in der Aula des Evangelischen Schulzentrums.

Polizeihauptkommissarin Katja Lindemann moderiert die Veranstaltung in der Aula des Evangelischen Schulzentrums.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Als Dennis Paffrath vom Tod spricht, verstummen auch die letzten der rund 200 Schüler. In der Aula des Evangelischen Schulzentrums berichtet der 37 Jahre alte Polizist, wie er vor einiger Zeit zu einem Unfall in Erkrath gerufen wurde, bei dem ein junger Mann gestorben ist.

Paffrath gehört zu den fünf Rednern, die im Rahmen der Aktion „Crash Kurs“ zu den 16 bis 18 Jahre alten Schülern sprechen, um sie für die Gefahren im Straßenverkehr durch Ablenkung und Drogen zu sensibilisieren. Sie berichten über ihre Erlebnisse und lassen die Jugendlichen an ihren Gefühlen teilhaben. Dieser emotionale Ansatz hinterlässt bei den meisten der Schüler einen bleibenden Eindruck. Etwa die Hälfte der Zuschauer geht aufs Bonhoeffer-Gymnasium, die andere Hälfte aufs Helmholtz-Gymnasium – für den Crash-Kurs treffen sich beiden Schulen am Donnerstag an der Gerresheimer Straße.

„Das war sehr beeindruckend“, sagt die 17 Jahre alte Miriam. Sie geht in die elfte Klasse (Q1) des HGH, fährt seit kurzem selbst begleitet Auto. Vor allem die Schilderungen von Kalle Heitkötter, Notarzt aus Düsseldorf, gehen ihr und ihrer Freundin Lena sehr nah. Der Mediziner berichtet über einen schweren Unfall, bei dem ein 18 Jahre alter Autofahrer in Gerresheim mit überhöhter Geschwindigkeit gegen einen Baum geprallt ist. „Das Auto hat es fast zerrissen“, erklärt Heikötter. Im Hintergrund sehen die Schüler ein Foto des Fahrzeugs. Eine schwer verletzte 19-Jährige saß am Straßenrand, der Fahrer lag im Auto. „Ich denke oft daran, dass ich vielleicht der Letzte war, den er gesehen hat.“ Der junge Mann starb noch im Wrack. Unter ihm lag der Beifahrer (17), der überlebte. „Dabei war ich mir fast sicher, dass er es nicht schafft“, erinnert sich Heitkötter. Er hatte die Eltern bereits darauf vorbereitet. „Der Beifahrer hat mir später erzählt, dass er eigentlich nicht mitfahren wollte, weil ihm das Auto und der Fahrer komisch vorkamen – aber seine Freunde sagten, dass er seine Cousine doch nicht alleine mit dem 18-Jährigen fahren lassen könne. Da ist er aus dem Taxi aus- und in den Golf eingestiegen“, erzählt der Mediziner. Heitkötter appelliert an die Schüler, auf ihr Bauchgefühl zu hören, wenn ihnen etwas komisch vorkommt.

Notfallseelsorger Hanno Nell erinnert am Donnerstag an Jasmin und Marcel. Die 22-Jährige wollte eigentlich nie auf ein Motorrad steigen, doch Marcel möchte sie seinen Eltern vorstellen. Nach sieben Kilometern endet die Fahrt am Hochbunker in Gerresheim, beide sterben. Die Eltern verlieren ihr einziges Kind. Hanno Nell spricht von der Situation, wenn er mit Polizeibeamten vor der Tür der Eltern steht und die Nachricht überbringen muss. „Ich möchte niemals an eurem Grab stehen“, sagt er zum Schluss.

 Miriam und Lena (beide 17) lauschen gespannt den Rednern, von denen sie den Notarzt Kalle Heitkötter am eindrucksvollsten fanden.

Miriam und Lena (beide 17) lauschen gespannt den Rednern, von denen sie den Notarzt Kalle Heitkötter am eindrucksvollsten fanden.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Karsten Ingenhoven begleitet als Leiter der Verkehrsunfallprävention der Kreispolizei „Crash-Kurs“ seit Jahren. „Die Schulen bereiten das Thema in der Regel auch nach“, sagt er. Am Donnerstag sind ein paar Schüler mit Tränen in den Augen aus der Aula gelaufen. „Mit diesen Jugendlichen können wir direkt sprechen.“ Bei manchen aber würden die Gefühle erst später ausbrechen. Und dann muss jemand für sie da sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort