Hilden Einwanderer verlassen sich im Alter auf ihre Familien

Hilden · Die Stadt wollte wissen, welche Unterstützung ältere Migranten im Alltag brauchen. Die Resonanz war dürftig.

 Viele ältere türkische Migranten haben als Anlaufstelle die Moscheegemeinde, etwa beim Fastenbrechen in der Emir-Sultan-Moschee.

Viele ältere türkische Migranten haben als Anlaufstelle die Moscheegemeinde, etwa beim Fastenbrechen in der Emir-Sultan-Moschee.

Foto: ola

Rund 6300 Hildener (11 Prozent der Einwohner) haben einen ausländischen Pass. Weitere 5100 Deutsche besitzen eine weitere Staatsangehörigkeit. Aus Gastarbeitern sind Einwanderer und Mitbürger geworden. Eine ganze Reihe von ihnen sind inzwischen Rentner: Von den 949 Türken sind 202 60 Jahre und älter, von den 696 Italienern 201, von den 379 Marokkanern 116 und von den 226 Ukrainern und Russen 63, um nur einige Beispiele zu nennen.

Alle wollen - genau so wie ihre deutschen Nachbarn - am liebsten möglichst lange zu Hause wohnen. Wie kann die Stadt das unterstützen? Das sollte bei einer Konferenz mit Betroffenen erörtert werden. Das ist leider nicht gelungen, stellt Christine Sendes von der Zwar-Zentralestelle NRW (Zwischen Arbeit und Ruhestand) fest. Weil nur sehr wenige Migranten der Einladung folgten. Von neun Migrantenvereinen war nur ein einziger vertreten. Daneben nahmen nur einige ältere Russlanddeutsche an dem Austausch teil.

Dennoch gibt es einige Erkenntnisse. Viele ältere türkische Migranten haben als Anlaufstelle die Moscheegemeinde, wurde bei einem Vorbereitungstreffen der Fachämter im Rathaus, des Integrationsrates und der Nachbarschaftszentren deutlich. Sie bevorzugen Angebote, die auch religiöse Anteile haben. Auch Einwanderer aus anderen Herkunftsländern bevorzugen die eigenen ethnischen Gemeinden oder kulturellen Vereine. Die Vereine und Gemeinden repräsentieren aber nur einen Teil der Migranten und ihres Lebens. Deshalb erreicht die Kommune viele Zuwanderer nicht, wenn sie sich nur an die Gemeinden und Vereine wendet. Viele ältere Migranten sprechen nicht über das "Älter werden" - weil das ein sehr persönliches Thema sei und deshalb nur in der eigenen Familie besprochen werde. Das Amt für Integration und Soziales erhält deshalb nur wenige Anfragen von älteren Einwanderern, berichtet Leiterin Marie-Therese Barbezat-Rosdeck. Selbst wenn Anspruch auf finanzielle Unterstützung im Rahmen von Hilfen zur Pflege bestehe, würde diese oft nicht in Anspruch genommen: Pflege sei "Sache der Familie". Die jetzt jüngeren Frauen wollten selbst im hohen Alter ihren Kindern nicht zur Last fallen. Deshalb würden für sie Alternativen immer wichtiger. Auch Einwanderer müssten früh anfangen, neben der Familie soziale Kontakte aufzubauen und zu pflegen. In Hilden gibt es viele professionelle und ehrenamtliche Unterstützungsangebote für Ältere, bevor sie pflegebedürftig werden. Nur seien diese Informationen bei Einwanderern zu wenig bekannt - wie bei vielen Deutschen auch. Unstrittig ist auch, dass Ältere im Alter eine Gemeinschaft brauchen, in der sie sich wechselseitig helfen und unterstützen können.

Ein gutes Beispiel dafür sind die Netzwerk-Gruppen 50 plus (Zwar-Gruppen). Dort sind hochgerechnet bis zu 450 Ältere aktiv, schätzt Michaela Neisser, Sachgebietsleiterin Soziale Dienste. Wolfgang Becker ist seit sieben Jahren als Moderator dabei: "Es ist eine richtig gute Gemeinschaft entstanden." Denn die Mitglieder teilten nicht nur gute, sondern auch schwere Zeiten.

(RP)
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