Gruiten Ein Stück Schulgeschichte

Düsseldorf · Ende des Monats soll das alte Schulhaus an der Prälat-Marschall-Straße 75 in Gruiten abgerissen werden. Im Archiv der Evangelisch-reformierten Gemeinde finden sich einige "Schätzchen"

In wenigen Tagen werden die Bagger anrollen und die alte St.-Nikolaus-Schule in Gruiten abreißen. Damit wird ein Stück Geschichte aus dem Ortsbild verschwinden. Nur noch die elf etwa hundert Jahre alten Linden, unter denen jahrzehntelang Kinder in den Pausen spielten, erinnern dann an der Ecke Prälat-Marschall-Straße/Grüner Weg am Rand des neuen Wohnquartiers an die Vergangenheit als "Alte Schule".

Lothar Weller hat im Archiv der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde gestöbert und einige Fakten zur Schulgeschichte in Gruiten zusammengetragen. Danach gab es schon seit dem 17. Jahrhundert Schulunterricht in Gruiten. Von 1682 bis 1906 diente das Predigthaus neben der Dorfkirche als Schule. Ein Schulgebäude mit mehreren Klassen gab es allerdings erst mit der Alten Schule, die 1906 eröffnet wurde. Gut 50 Jahre reichte der Platz im Schulhaus aus, dann baute die Evangelische Kirchengemeinde eine größere Schule an der Prälat-Marschall-Straße 34, in der später die Hauptschule (1968 bis 1986) eingerichtet wurde und jetzt die Waldorfschule ansässig ist.

Ohrfeigen für die ganze Klasse

In der Alten Schule quartierte sich das Bauamt des Amtes Gruiten ein. Mit Trennung von Grund- und Hauptschule in den 1960-er Jahren zog die Gemeinschaftsgrundschule in den Schulbau der katholischen Grundschule (Prälat-Marschall-Straße 65) und die katholische Grundschule richtete sich in der alten Schule ein. Im Sommer 2001 wurde die Gruitener Bekenntnisschule aufgelöst.

In einem Zeitungsartikel zum 70. Geburtstag der Alten Schule hieß es 1976: "Zwar gab es damals auch im neuen Gebäude noch keine Toilette mit Wasserspülung, aber auf dem Schulhof stand eine Wassersäule mit drei Wasserhähnen." An der Säule waren drei neue Aluminiumbecher angekettet. "Eine derart moderne Trinkeinrichtung wurde natürlich mit großem Stolz benutzt, denn so etwas gab es längst noch nicht überall."

Margret Breidbach, die gleich gegenüber der Schule aufwuchs, bedauert den bevorstehenden Abriss. 1943 wurde sie eingeschult. Beim Blick auf die Fenster zeigt sie auf den Klassenraum im Obergeschoss, wo es einmal für die ganze Klasse Ohrfeigen gab, weil die Kinder den Text der letzten Strophe eines Kirchenliedes nicht reibungslos singen konnten. Der Schulbetrieb habe das Leben auch in der Gärtnerei Breidbach geprägt, berichtet sie. Manche Abläufe waren am Takt der Schulglocke orientiert.

Im Archiv fand Lothar Weller auch ein Klassenbild von 1954, auf dem im Hintergrund noch Schmierereien aus der Nazizeit – "Halt's Maul" links und "Sibirien – niemals" rechts des Eingangs – zu lesen sind.

(RP)
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