Hilden Dreifach-Mord 1945: Polizei lügt, erklären Angehörige der Opfer

Hilden · Susanna Burg (61) sowie ihre Töchter Maria Liedtke (27) und Helene Burg (19) wurden am 18. Mai 1945 in einem einsamen Gehöft am Ohligser Weg 31 in Hilden ermordet. Bereits am 17. Juli 1945 hat die Kripo den Fall gelöst. Jetzt melden Hinterbliebene der Frauen Zweifel an.

 Das Stadtarchiv hat die Ermittlungsakte der Kriminalpolizei aufbewahrt.

Das Stadtarchiv hat die Ermittlungsakte der Kriminalpolizei aufbewahrt.

Foto: Christoph Schmidt

Bei der Durchsuchung eines Zwangsarbeiterlagers in Ohligs habe die amerikanische Kriminalpolizei Kleidungsstücke aus dem Haus der Ermordeten gefunden. Als Verkäufer komme ein „russischer Arbeiter Vassili Petrof in Frage“. Die Fahndung nach ihm ist erfolglos. Schon am 4. August schließt die Polizei Düsseldorf die Akte, weil man davon ausgeht, dass die Täter („Russen“) sicherlich in ihre Heimat zurückgekehrt seien. Den Verwandten Wolfgang Koch hat das nicht überzeugt (RP vom 18. Mai).

Jetzt hat sich Veronika Tölle (74) aus Hilden bei der RP gemeldet. Sie und ihre Geschwister, Cousinen und Cousins sind Enkelkinder des Ehepaars Koch/Burg. Sie sagen: Die Polizei hat die Ermittlungen manipuliert. Die drei Frauen wurden nicht erschossen, sondern erstochen und vergewaltigt, Zeugen zum Schweigen gebracht: „Dem älteren Enkel meiner Großeltern war bekannt, dass diese zu der im (Polizei-)Protokoll stehenden Aussage gezwungen wurden. Mit den Worten, wenn sie das nicht unterschreiben und etwas anderes erzählen, passiert ihnen etwas, wurde unsere Großeltern gefügig gemacht. Sie haben letztlich unterschrieben, weil sie zu Hause vier unmündige Kinder, zwei erwachsene Töchter und ein Enkelkind zu versorgen hatten.“

Für Veronika Tölle und ihre Familie stellt sich das schreckliche Geschehen so dar: „Am Morgen des Mordtags befuhr ein Bekannter unserer Großeltern mit dem Fahrrad den Ohligser Weg und sah, dass Leni Burg in einer Blutlache vor dem Haus lag. Sofort benachrichtigte er meine Großeltern, die schon aufgeschreckt waren durch Lenis kleinen Hund, der alleine zum Hof gelaufen kam. Unsere Großeltern begaben sich sofort zum Haus der Schwägerin und Nichten. Dort wurden sie mit dem ganzen Ausmaß dieser Tat konfrontiert. Die Haustür war aufgebrochen. Die drei Frauen waren vergewaltigt und dann mit vielen Messerstichen ermordet worden. Leni hat sich dann noch bis vor die Haustür schleppen können. Sie wollte sicher noch Hilfe holen. Eine Blutlache vom Schlafzimmer bis vors Haus zeugt davon. Geld (Wolfgang Koch vermutete eine große Summe Bargeld im Haus) war zu dieser Zeit nichts wert, es war auch nichts im Haus. Wie meine Schwester berichtet, mussten die drei Frauen nicht hungern, da sie Selbstversorger waren. Aber es waren auch keine Wertgegenstände und kein Schmuck vorhanden. Eine entfernt wohnende Nachbarin hat beobachtet, dass die Täter (Zwangsarbeiter) vom Haus unserer Verwandten kamen und auf ihr Haus zusteuerten. Diese Frau hat sich im nahen Wäldchen versteckt und stundenlang vor Angst dort ausgeharrt. Sie durfte keine Aussage machen. Später wurde auch der Hof meiner Großeltern von Zwangsarbeitern überfallen. Mitgenommen wurden Schmuck, Uhren und andere Wertgegenstände (...) Auch Speckseiten und Würste wurden in Bettbezügen und den für mich (ich wurde kurz darauf geboren) bereitstehenden Kinderwagen abtransportiert. Die jungen Mädchen und Frauen auf dem Hof unserer Großeltern wurden seit den Morden jeden Abend gut versteckt, da man mit einem Überfall rechnete! Ich habe viele Jahre mit meiner Großmutter die Ruhestätte der drei Ermordeten gepflegt. Oft bat ich meine Oma, mir von den drei Verwandten zu erzählen, damit diese Tragödie bei uns nie vergessen wird.“

Veronika Tölle hat ihren Bericht auch an Bürgermeisterin Birgit Alkenings geschickt mit der Bitte, diesen den Ermittlungsakten der amerikanischen Militärpolizei beizufügen, die sich im Stadtarchiv befinden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort