Hilden Die Unicef-Session

Düsseldorf · 51 Künstler aus elf Nationen stellen in der Stadthalle ein Gala-Programm auf die Beine. 700 Gäste sitzen nicht abwartend im Zuschauerraum. Sie lassen sich unter anderem durch den Jazz zur Jam-Session von den Stühlen holen.

Der Überraschungsstar der Unicef-Gala lupft sein rosa Tüllkleid über das Knie und erklimmt in Sekundenschnelle die Klavierbank. Geschafft. Kurz lässt die fünfjährige Japanerin ihre Beine in der Luft baumeln und schaut keck in den von ihr aus dunklen Zuschauerraum der Stadthalle, als ob sie nach weiteren musikalischen Spielkameraden sucht. Dann kommt von Moderator Heribert Klein das Zeichen. Yumeka Nakagawa ist schlagartig Profi. Plötzlich ist die Japanerin ganz bei sich und spielt ohne Noten Burgmüllers "Arabesque". 700 Erwachsene staunen und klatschen für die Fünfjährige am Flügel tosenden Applaus. Es soll der erste eines abwechslungsreichen Gala-Abends am Samstag sein.

Yumeka klettert unter Beifall von der Klavierbank und läuft mit kleinen Hopsern in die Bühnenmitte zu ihrer Schwester Yuna und deren Ensemble. Yuna und die anderen drei achtjährigen Künstlerinnen von "Piano 4 children" haben zuvor zu viert am Flügel Brahms "Ungarischen Tanz" gespielt. "Fühlt Euch bei uns in Hilden auf der Bühne einfach wie Zuhause ": Das ist das Motto des Abends, für das Heribert Klein einsteht. Für die jüngste der insgesamt 51 Gala-Künstler, Yumeka, ist dies offensichtlich eine Selbstverständlichkeit. Mit Recht. Schließlich geht es auch bei der 26. Hildener Unicef-Gala um Menschen wie sie — Kinder. Was Samstag und Sonntag bei der Veranstaltung eingenommen wird, geht an Mädchen und Jungen, die nicht so ein starkes soziales Netzwerk haben wie Yumeka. An Klavierunterricht ist für sie nicht zu denken. Sie müssen erst einmal Lesen, Schreiben und Rechnen lernen, um einen Beruf ergreifen zu können und einen Weg aus der Armut zu finden.

Yumeka verlässt stolz mit einer langstieligen, roten Rose, die genauso lang ist wie sie groß, die Bühne. Die Botschafterin für Gleichaltrige, die nicht ihre Stimme erheben können, strahlt und übergibt an einen jungen Musiker, der schon fast so groß ist wie eineinhalb Rosen lang sind: Lucas Wecker. Der Zwölfjährige mit der Violine, der in der Johannes B. Kerner Show schon TV-Erfahrung gesammelt hat, spielt wie selbstverständlich mit den beiden Menuhin-Preisträgerinnen Alie und Lilya Bekirova aus Usbekistan. Schon fast erwachsen und kalkuliert flirtet der blonde Junge augenzwinkernd über den Geigenbogen hinweg mit einem entzückten Publikum.

Entzückend ist bestimmt nicht das Wort, um das zu beschreiben, was dann auf der Bühne passiert. Denn es ist Jazz-Time. Kraftvoll und impulsiv feiern Terrence Ngassa, Dominic William Quaye und dann Al Copley und "Sax" Gordon eine Jam-Session mit dem Publikum, das der Rhythmus von den Stühlen holt. Die Niederländer "The N'Awlins Brassband" bringt den etwas raueren Jazz-Sound aus den Straßen von New Orleans mit.

Und nur eine halbe Stunde später nach der Sekt-Pause der fünfstündigen Gala steht dieses Publikum wieder — für Opernsänger wie Sopranistin Alexandra von der Weth. Die unter anderem aus Lehars "Die lustige Witwe" singt. Hilden dankt es der Künstlerin mit stehenden Ovationen. Moderator Klein verabschiedet sich schließlich auch im Namen der jüngsten Künstler wie Yumeka, die schon im Bett sind. Das Versprechen: "Auf Wiedersehen bei der Unicef-Gala 2008."

(RP)
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