Hilden/Haan Deutsch als Schlüssel zur Normalität

Hilden/Haan · Erstmals gibt es in Haan einen Deutschkursus nur für Flüchtlinge. Die Städte arbeiten daran, das Angebot auszubauen.

 Smret Solomon aus Eritrea ist eine von 13 Teilnehmern zweier VHS-Deutsch-Kurse, die die Stadt Haan bezahlt. Für sie ist der Kursus ein große Chance, und sie ist dankbar dafür, sagt sie.

Smret Solomon aus Eritrea ist eine von 13 Teilnehmern zweier VHS-Deutsch-Kurse, die die Stadt Haan bezahlt. Für sie ist der Kursus ein große Chance, und sie ist dankbar dafür, sagt sie.

Foto: Olaf Staschik

Der große, orangefarbene Würfel landet zu Füßen von Smret Solomon. Obenauf ist das Wörtchen "Ich" zu lesen. Die 26 Jahre alte Frau aus Eritrea schaut auf den Flip-Chart. Dort sind verschiedene weitere Begriffe aufgeschrieben, aus denen sie zusammen mit dem Wort auf dem Würfel einen Satz bilden soll. Das fällt Smret Solomon nicht schwer: "Ich esse Brot", sagt sie, und Nadia Franciscy nickt. Gut gemacht.

Seit Oktober vergangenen Jahres gibt es an der Volkshochschule (VHS) in Haan einen ganz besonderen Deutsch-Kursus: Ihn besuchen ausschließlich Asylbewerber und Flüchtlinge. Die Teilnehmer kommen aus Pakistan und Eritrea, aus dem Kongo und Marokko, aus Syrien, Guinea oder Algerien. "Das ist unser erster Flüchtlingskursus", erläutert der stellvertretende VHS-Leiter und Abteilungsleiter Sprachen, Heiner Fragemann. Den Kursus leitet Nadia Franciscy, die in Hilden geboren ist, aber selbst einen Migrationshintergrund hat. Ihr Vater stammt aus Syrien, die Mutter aus Frankreich. "Jetzt beschreiben Sie bitte Ihre Wohnung", fordert sie ihre sieben Schüler auf und hält den selbst gezeichneten Grundriss eines Kursteilnehmers hoch. Der antwortet. "In meinem Schlafzimmer steht ein Schrank und ein Bett."

Die Asylbewerber und Flüchtlinge bringen ganz unterschiedliche Sprach- und Bildungsvoraussetzungen mit, so dass der Kursus mittlerweile in eine leistungsstarke und eine -schwächere Gruppe aufgeteilt wurde. "Unsere Idee war, die Teilnehmer berufsschulfähig zu machen", sagt Fragemann. Mindestens ein halbes Jahr brauchen sie dazu. Berufsschulfähig deshalb, weil Frauen und Männer über 18 Jahre in Deutschland nur noch an der VHS oder in Berufskollegs ihre Schulabschlüsse vervollständigen dürfen, erläutert Fragemann.

Den Deutsch-Kursus für Flüchtlinge an der Haaner VHS bezahlt die Stadt Haan. Er soll fortgesetzt werden, daher wurden entsprechende Mittel auch schon in den Haushaltsplan 2015 eingestellt, erläutert Haans Stadtkämmerin Dagmar Formella. "Das hat aber ganz, ganz enge Grenzen", sagt sie mit Blick auf den angespannten städtischen Haushalt. Auch die Stadt Hilden will künftig Sprachkurse nur für Flüchtlinge organisieren und ihre bisherigen Angebote wie Integrationskurse ausweiten. Die Stadtverwaltung erarbeite daher zurzeit "einen ganzen Maßnahmenkatalog", berichtet Sozialdezernent Reinhard Gatzke. Damit sollen sich bald der Integrationsrat und der Sozialausschuss befassen. "Aber wir müssen auch erst mal sehen, wo der Bedarf ist", gibt Gatzke zu bedenken und spricht damit nicht zuletzt auch die Vorbildung an. Problem: In Syrien wird Arabisch gesprochen und geschrieben. Einige syrische Flüchtlinge müssen in Alphabetisierungskursen erst einmal die andere Buchstabenwelt kennen lernen. Und die gibt es für Flüchtlinge so noch nicht oder nur in begrenztem Umfang.

Für Smret Solomon aus Eritrea, Shuhan Ahammed aus Pakistan und andere ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Anderthalb Jahre lebe er bereits in Deutschland, sagt Ahammed. Hier sei er sicher, doch wegen der fehlenden Arbeitserlaubnis sei er zum Nichtstun verurteilt. Ein anderer hat zwar eine Erlaubnis, doch kein Arbeitgeber stelle ihn ein, berichtet er. Und ein dritter beklagt erregt: "It's not easy. Life is boring" - es ist nicht einfach, das Leben ist langweilig. Franciscy und Fragemann sind betroffen. "Es ist wohl noch viel zu tun", bringt es Fragemann auf den Punkt. Was die Sprachkurse angehe, "stehen wir bereit. Wir brauchen nur die finanziellen Ressourcen."

(RP)
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