Hilden Der Lotse in der Defensive

Düsseldorf · Der Kreis Mettmann ist nach dem Bedarfsplan der KV Nordrhein mit Fachärzten überversorgt. Aber an Hausärzten wird in den nächsten Jahren Mangel herrschen. Das Fach Allgemeinmedizin ist für Studenten unattraktiv.

KREIS Mettmann Auf dem Land herrscht Ärztemangel. In Ballungszentren wie dem Kreis Mettmann dagegen gibt es eine deutliche Überversorgung. Nach dem aktuellen Bedarfsplan (Stand 06/2009) der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beträgt beispielsweise der Versorgungsgrad mit Chirurgen 172,3 Prozent. Neun der 23 niedergelassenen Fachärzte wären demzufolge "überflüssig". Bei den Internisten ist der Kreis nahezu mit der doppelten Soll-Stärke (195 Prozent) ausgestattet. Auch bei den Hautärzten dürfte es bei einem Versorgungsgrad von 168,5 Prozent kaum Wartezeiten in den Praxen geben. Bei allen Fachrichtungen ist die Grenze zur Überversorgung (110 Prozent) im Kreis zum Teil weit überschritten.

Ausnahmen für Spezialisten

Dass die Zahl der niedergelassenen Internisten trotz Bedarfsplanung weiter wächst, liegt an den zusätzlichen Bedürfnissen der alternden Gesellschaft nach Spezialisten, wie Kardiologen und Rheumatologen, erklärt Karin Hamacher, Pressereferentin der KV Nordrhein. "Dafür gibt es Ausnahmeregelungen." Die KV strebe aber auch eine Reform der Planungsgebiete an, wolle sie verkleinern, so Hamacher. Wenn die Wartezimmer in der Wahrnehmung der Patienten dennoch überfüllt erscheinen, so liege das auch schlicht daran, dass "der Deutsche häufig zum Arzt geht", sagt die Pressereferentin.

Immer mehr Ärzte haben immer mehr Patienten – dass da auf den Einzelnen immer weniger vom Budget abfällt, will auch die KV nicht leugnen. Deshalb hatte schon Ulla Schmidt die Rückkehr zum Hausarzt als erste Anlaufstelle, als Lotse im Gesundheitssystem gefordert. "Das Problem ist, dass man dem Patienten nicht gleichzeitig freistellen kann, jeden Arzt aufzusuchen, den er möchte", sagt Hans Peter Meuser, Allgemeinmediziner aus Langenfeld und Vorsitzender der Ärztegemeinschaft, die die Hildener Notfallpraxis am St.-Josefs-Krankenhaus betreibt. Man müsse sich schon auf einen Weg festlegen.

Einen Ausweg aus dem ungebremsten Ärzte-Hopping biete der Hausarzt-Vertrag, weil sich der Patient zur primären Konsultation "seines" Hausarztes verpflichtet. "Der Vertrag sichert den Hausärzten zudem eine feste Vergütung, so dass sie sicherer kalkulieren können", so Meuser. Allerdings haben die meisten Krankenkassen noch keine Verträge mit dem Hausärzteverband geschlossen.

Mangel an Hausärzten

Ein weiteres Problem: Die politisch gewünschte Stärkung der Hausärzte trifft auf eine schwindende Attraktivität dieser Fachrichtung. Darauf deutet schon der mit 114 Prozent vergleichsweise geringe Versorgungsgrad im Kreis Mettmann. "In fünf bis zehn Jahren gibt es auch hier einen Mangel an Hausärzten", sagt Meuser. Er bilde in seiner Praxis selbst zum Allgemeinmediziner aus, aber anders als vor 20 Jahren finde er kaum Interessenten. Das Problem: Im Studium werde das Fach vernachlässigt. "Meine Praktikanten lernen erst hier das Berufsbild überhaupt kennen."

(RP)
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