Hilden Demenz-WG: "Hier fühlt sich meine Mutter wohl"

Hilden · Seit einem Jahr existiert Hildens erste ambulant betreute Demenz-Wohngemeinschaft. Gestern wurde das Jubiläum gefeiert.

 Rosalie Baumann (vorn links) mit einer Mitbewohnerin. Im Hintergrund stehen (links) eine Betreuerin und rechts ihre Tochter Ursel Belitz.

Rosalie Baumann (vorn links) mit einer Mitbewohnerin. Im Hintergrund stehen (links) eine Betreuerin und rechts ihre Tochter Ursel Belitz.

Foto: Olaf Staschik

Dort, wo früher der Kindergarten Friedensstraße war, wohnen jetzt alte Leute in einem modernen Mehrfamilienhaus an der Schumannstraße 16. Die oberen, barrierefreien Eigentumswohnungen bewohnen Senioren, die nicht auf Hilfe angewiesen sind. Unten, im Parterre, leben seit einem Jahr auf 400 Quadratmetern eigentlich zehn - aktuell nur acht - Hochbetagte in Hildens erster Demenz-WG zur Miete.

Die Demenz-WG Frieda bietet den 78 bis 91-jährigen Bewohnern eine 24-stündige Betreuung und ein möglichst eigenständiges Leben mit eigenem Zimmer, großen Gemeinschaftsräumen, einem Wintergarten und abgeschlossenem Außengelände. Vermieter ist das Diakonische Werk Hilden, für die Rundum-Betreuung ist die NeanderDiakonie zuständig.

Eine Bewohnerin der ersten Stunde ist die 87-jährige Rosalie Baumann. Ursel Belitz, deren Tochter, ist froh, dass ihre Mutter dort einen Platz gefunden hat. "2010 sind meine Eltern aus Braunschweig nach Hilden in ein betreutes Wohnen gezogen. Nach einem Jahr starb mein Vater und erst da wurde klar, dass meine Mutter dement war. Mein Vater hatte ihr alles mögliche abgenommen, so dass das gar nicht auffiel", erzählt die Tochter. In der ersten Zeit nach dem Tod des Vaters nutzte Belitz Tagespflegeangebote. Parallel dazu suchten sie und ihr Mann Peter nach einer Alternative und fanden schließlich die WG.

"Ein Altenheim kam für uns nicht in Frage. Die Massen von Leuten hätten meine Mutter erschlagen. Hier ist alles klein, überschaubar und individuell." Ihre eher zurückhaltende Mutter habe sogar eine Freundin in der WG gefunden, die 90-jährige Emilie Starke: "Die beiden verständigen sich in ihrer eigenen Sprache. Inzwischen sagt sie 'mein Zimmer' und es sieht so aus, als würde sie sich hier wohlfühlen." Peter Belitz ist der Sprecher des Angehörigenrats. Der Rat entscheidet mit, wer in die WG aufgenommen wird, und wer nicht. Genommen werden nur Demente, die keine Vollpflegefälle sind und noch über ein gewisses Maß an sozialer Kompetenz verfügen.

Für die Betreuer ist die WG-Situation Neuland. "Hier bestimmen die Angehörigen gemeinsam, wie die Abläufe aussehen und welche Aktivitäten angeboten werden. Wir machen jeden Tag neue Erfahrungen", beschreibt die für "Frieda" zuständige Geschäftsbereichsleiterin Karla Geyr die Situation. Von einigen Ideen habe man sich bereits verabschiedet: "Wir wollten die Frauen am Kochen beteiligen, aber die haben dazu keine Lust. Die Männer wollen am liebsten laufen oder werkeln und fast alle Bewohner lieben Gartenarbeit und den Therapiehund, der regelmäßig zu Besuch kommt.

Sonja Schüller, Pfarrerin und Vorsitzende des Diakonischen Werks Hilden, betont mehrfach, als müsse sie sich selbst noch daran gewöhnen: "Das ist kein Heim. Es gibt keine verpflichtenden Angebote für alle. Das ist hier wie zu Hause."

Zu Hause gibt es zum Geburtstag Kaffee und Kuchen, ein Ständchen und viele gute Wünsche. All das gab es gestern in der Demenz-WG auch.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort