Haan Bürokratie kreativ ausgelegt

Haan · Fritz Köhler tritt nach mehr als 50 Jahren bei der Stadt Haan in den Ruhestand. Das Programm bei der Verabschiedung ließ seine 28 Jahre als Leiter des Kulturamtes Revue passieren.

Für viele Entscheidungen wurden Weichen nicht in den Amtsstuben, sondern auf der Streugutkiste am Hintereingang des Rathauses gestellt. In der Ecke an der Treppe rauchten nicht nur die Köpfe, sondern auch die Kollegen, die im Freien ihrem Nikotinlaster frönen mussten. Mittendrin saß oft Fritz Köhler — offiziell Nichtraucher.

Auch wenn der bald 65-Jährige nach 50,8 Jahren bei der Stadt Haan jetzt in den Ruhestand tritt, wird er auch weiter einen Platz auf einer Streugutkiste haben. Bürgermeister Knut vom Bovert setzte sich bei der Verabschiedung mit Fritz Köhler auf den "Kommunikations-Hotspot".

Der Verwaltungschef würdigte seinen dienstältesten Beamten als "Beispiel für die Entbürokratisierung der Verwaltung" (Köhler präsentierte im Kulturausschuss vielfach mündliche Berichte anstelle schriftlicher Vorlagen) und übergab ihm die Kiste zum Abschied als etwas, "an dem er wirklich hängt".

Ein letztes Mal Amtsleiter

Musikschulleiterin Eva Dämmer hatte die Verabschiedung organisiert. Das Programm spiegelte besonders die 28 Jahre wider, die Fritz Köhler Kulturamtsleiter war und insofern Ansprechpartner für die Musikschule, Musikvereine, Chöre, Maler und bildende Künstler, für Jazzer und Bands. Als Mitorganisator der Oldtimertreffen, aber auch für die Freunde alter Automobile.

Sie alle bedankten sich bei Köhler. Gerhard Tributh leitete einen etwa 70-köpfigen Chor aus Aktiven der Männergesangvereine von Haan und Gruiten, der Kantorei und der Singgemeinschaft. Stimmgewaltig erklang "Fortuna imperatrix mundi" im Original der "Carmina burana" und einer speziellen Version "Oh Fritz Köhler, du hast geschafft, mit aller Kraft. . .".

Köhler durfte den Abend nicht vom Platz im Saal verfolgen, sondern saß am Schreibtisch auf einem Podest vor der Bühne. Karin Tipp, ein Vierteljahrhundert Sekretärin Köhlers, und Sylvia Lantzen, die künftig die Kulturarbeit betreiben wird, mimten den normalen Dienstbetrieb, in dem Köhler nicht nur die Frohnatur mit Bart, Brille und Bauch war, sondern manchmal auch ein bisschen mürrisch und kurz angebunden — aber immer zu launigen Bemerkungen aufgelegt. Und weil Köhler von dem ganzen Programm vorher nichts geahnt hatte, war er auf diesem Platz besonders authentisch, wenn das Telefon klingelte und Showgäste von der Bühne aus Fragen stellten.

"Kämpferherz"

Oldtimerfreund Martin Leithäuser ließ ein Goggomobil in den Saal rollen, Wolfgang Niederhagen präsentierte ein Ölbild, für das Köhler vor 30 Jahren Modell gestanden hatte. Der Gruitener Posaunenchor lud musikalisch nach Wien ein, der Haaner Swing-Express dampfte in den Saal. Die Farfarellos, Ulli Brand und Mani Neumann, widmeten Köhler ihr Stück "Kämpferherz".

(RP)
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