Haan Brückenteile heben ab

Düsseldorf · Der schwierigste Abschnitt beim Abbruch der 47 Jahre alten Eisenbahnbrücke der Flurstraße ist bewältigt. In einem Nachteinsatz entfernte ein Schwerlastkran die 18 Meter langen und bis zu 70 Tonnen schweren Betonteile über den Schienen.

Früh am Sonntagmorgen ist ein wichtiger Schritt zum Neubau der Brücke der Flurstraße über die Eisenbahn geschafft: Die rund 450 Tonnen Beton und Stahl, die seit 1962 den Schienenstrang überspannten, liegen neben dem Gleiskörper an der Straße Zum alten Güterbahnhof. Die rund 18 Meter langen Teile werden in den nächsten Tagen von der Hydraulikkraft eines Abbruchbaggers zerkleinert.

Zweimal schon war der Termin für das Abheben der Brückenstücke verschoben worden. Denn beim Bau der Brücke war vor Ort anders gearbeitet worden, als es in den Plänen stand.

Die Brückenträger waren deutlich dicker als damals geplant. "Was hohl sein sollte, war teilweise voller Beton", berichtet Ingo Pretzsch, Bauleiter der Firma Walther Bau. Damit waren die Teile deutlich schwerer, als sie für den geplanten Kraneinsatz sein durften. Also mussten die wuchtigen Stücke aufwändig abgestemmt und so leichter gemacht werden.

Doch das ist nicht die einzige Überraschung, die nach 47 Jahren ans Licht kommt. Nachträglich packte die Ingenieure das Grausen, als herauskommt, dass der Querträger am Ende der Brücke keine Bewehrung enthält.

"Heute wird so viel Eisen eingelegt, dass kaum noch eine Hand durchpasst", erklärt Sascha Berger, Bauleiter des Kreises Mettmann. War es also Glück, dass die Brücke überhaupt fünf Jahrzehnte Bestand hatte? Dazu äußert sich Berger nicht direkt. "Es war höchste Zeit, dass die Brücke erneuert wird."

Immer wieder geht der Blick zur Uhr. Denn gearbeitet werden darf nur in den Zugpausen. Davon gibt es viele kleine, die längste dauert 65 Minuten. Als um 0.40 Uhr ein Regionalexpress in Richtung Köln den hellerleuchteten Baustellenbereich passiert, sprühen Funken durch die Nacht.

Denn das Abbruchteam von Bauleiter Rolf-Dieter Gutbier trennt die letzten Eisenstäbe, die den Brückenteilen den allerletzten Halt geben. Nur zweimal in der Nacht wird es laut. Aus Sicherheitsgründen sind die schweren Randstücke mit Geländer und Kragplatte über der Oberleitung noch nicht vollends vom benachbarten Brückenträger getrennt und müssen noch abgestemmt werden.

Fast hätte der Abbruchtermin ein drittes Mal verschoben werden müssen. Denn der bestellte 500-Tonnen-Kran eines Unternehmens aus Aurich erhielt vom Land Niedersachsen keine Fahrerlaubnis. Erst Donnerstagabend war es gelungen, ein Ersatz-Aggregat aus einem Tagebau zu organisieren. Auf dem Brückenteil zwischen Dieker Straße und dem alten Mittelpfeiler der Brücke wird der Kran am Samstag platziert und für den Einsatz aufgerüstet. Dieses Schauspiel und den eigentlichen Einsatz verfolgen in der Nacht einige Dutzend Schaulustige.

Das letzte Brückenstück wird in den nächsten zwei bis drei Wochen entfernt. Danach ist klar, ob die alten Fundamente wirklich für die neue Brücke verwendet werden können. Die Techniker sind sehr sicher. "Aber die letzte Gewissheit gibt es erst, wenn wir alles freigelegt haben", sagt Sascha Berger.

Die neue Brücke wird keinen Mittelpfeiler mehr haben. Fünf der zehn Längsträger sind bereits gefertigt. "Dienstag werden wir uns die Herstellung ansehen", sagt Ingo Pretzsch. Mitte September, so kalkulieren die Bauleute, werden die neuen Teile wohl eingebaut werden können — wieder in Nachteinsätzen, um den Bahnverkehr nicht zu stören.

"Für die ganzen Probleme, die es gab, ist es doch noch schnell gelaufen", ist Sascha Berger erleichtert. "Vielleicht können wir die verlorene Zeit wieder gut machen", gibt er die Hoffnung noch nicht auf, dass Ende Oktober/Anfang November die neue Brücke für den Verkehr geöffnet werden kann.

(RP)
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