Hilden Biotop-"Rodung" ist eine Pflegemaßnahme

Hilden · Eigentlich herrscht Idylle am Oerkhaussee im Hildener Süden. Das Naturschutzgebiet ist mit einem Zaun abgesperrt, so dass Spaziergänger und Radfahrer, die auf den angrenzenden Straßen Am Schwarzen Weiher und An den Gölden unterwegs sind, nur aus der Ferne die verschiedensten Vögel auf dem Wasser und den Bäumen beobachten können.

 Am Oerkhaussee wurden Büsche beseitigt. Amphibien und Reptilien brauchen offene Kiesflächen, erklärt Ralf Göddecke vom Kreis Mettmann.

Am Oerkhaussee wurden Büsche beseitigt. Amphibien und Reptilien brauchen offene Kiesflächen, erklärt Ralf Göddecke vom Kreis Mettmann.

Foto: Olaf Staschik

Nun aber störte jemand die Ruhe ganz kräftig. Bagger rückten einem Ufer zu Leibe, gruben sich in die Erde und beseitigten allerlei Sträucher und Bäume, so dass es jetzt aussieht wie eine verfüllte Baugrube. "Da hat der Kreis Mettmann den See vor 20 Jahren für 500 000 Mark gekauft und aufwändig ein Naturschutzgebiet angeleg — , und nun macht er alles kaputt", empört sich ein RP-Leser.

Das ist aber keineswegs der Fall, erklärt Ralf Göddecke von der Unteren Landschaftsbehörde. "Das Ostplateau des Sees, das eigentlich eine offene Kiesfläche sein soll, war stark verbuscht", sagt er. "Wenn es weiter so geblieben wäre, hätten wir die dort ansässigen Tiere wie Kreuzkröte, Kleiner Teichfrosch, Blindschleiche, Ringelnatter und Flussregenpfeifer verloren." Denn eigentlich müsse man die Pflanzen alle fünf Jahre aus der Erde ziehen. Doch das letzte Mal liege acht, neun Jahre zurück, so dass jetzt mehr zu tun gewesen sei.

Auf 3000 Quadratmetern habe man die Büsche und kleinen Bäume beseitigen lassen, damit wieder Sonne auf den Kiesboden und die Tümpel komme. "Mit dem Bagger wurde vorsichtig die oberste Schicht nur dünn abgetragen", berichtet der ausgebildete Gartentechniker und Amphibien- und Reptilienspezialist. "Wir wollten ja nicht die im Boden lebenden Käfer, etwa den Sandlaufkäfer, verjagen." Denn der Käfer diene den Kreuzkröten als Nahrung, und diese wiederum den Ringelnattern. Die abgetragene Erde wurde zu einem Wall aufgeschichtet, die Büsche und kleinen Bäume liegen nun dahinter. "Wir hoffen jetzt, dass sich in dem Gehölz die seltene Zauneidechse ansiedelt." Sie sei bereits an der nahe gelegenen Bahntrasse gesichtet worden, allerdings noch nicht am Oerkhaussee.

Dass für manche die neue Fläche jetzt nicht mehr wie ein Naturschutzgebiet, sondern wie die Verwüstungen großer Maschinen aussieht, kann Göddecke nachvollziehen. "Aber als der Rhein noch nicht eingedeicht war, sahen die Ufer im Frühjahr fast immer so aus", erklärt er. Eisschollen hätten sich im Laufe des Winters übereinander und auf die Landflächen geschoben und diese quasi umgepflügt. "Dadurch war der Boden für Frösche, Kröten und Schlangen ideal bereitet." Ebenso für die Flussregenpfeifer. Die Vögel legen ihre grau-braunen Eier im Kies ab, so dass sie nicht von kleinen Steinen zu unterscheiden seien und die Sonne sie in Ruhe ausbrüten kann.

Der Oerkhaussee gehörte einst zu einem Kieswerk. Etwa 1990 — als der Kiesabbau eingestellt war und der Kreis Mettmann das Gelände gekauft hatte, wurde dort der erste Tümpel am Seeufer angelegt, um Amphibien und Reptilien das Laichen zu erleichtern. Als der Wasserspiegel stieg, folgten weitere Tümpel. "Offene Kiesflächen sind im Kreis Mettmann selten", weiß Göddecke. Außer Hilden noch in Monheim und Langenfeld. In Monheim sei denn auch die nächste größere Biotop-Pflegemaßnahme geplant: voraussichtlich im Herbst am Monbag-See. Auch dort sollen die Flächen wieder sonniger gestaltet werden. "Reptilien und Amphibien sind wechselwarme Tiere.

Sie brauchen sonnige Böden, um sich aufzuwärmen, und warme Tümpel, um darin zu laichen", berichtet der 51-jährige Moerser. Am Hildener Oerkhaussee wird sich in Kürze ebenfalls noch etwas tun: "Weil im Süden der Neandersteig entlangführen soll, wollen wir dort eine Aussichtsplattform mit Blick über den See bauen", kündigt Göddecke an. Ende des Jahres müssten erst noch einige altersschwache Pappeln gefällt werden. Voraussichtlich Anfang 2014 könne man dann mit dem Bau der Plattform starten.

(RP/rl/EW)
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