Mein Job am Wasser Unter Wasser kommt die Ruhe

Kreis Mettmann · Hans-Jürgen Lierenfeld leitet die Taucherstaffel der Hildener Feuerwehr, die zu Einsätzen im kompletten Kreis Mettmann und in Düsseldorf ausrückt.

 Die Taucherstaffel der Feuerwehr Hilden trainiert im Waldbad: Hans-Jürgen Lierenfeld ist Ausbilder.

Die Taucherstaffel der Feuerwehr Hilden trainiert im Waldbad: Hans-Jürgen Lierenfeld ist Ausbilder.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

„Unter Wasser bleibt die Zeit stehen“ – als Hans-Jürgen Lierenfeld diese Worte sagt, glänzen seine Augen. Der 53-Jährige leitet die Hildener Feuerwache und ist außerdem Chef der Taucherstaffel, die im gesamten Kreisgebiet sowie in Düsseldorf Einsätze fährt. „Die Welt unter Wasser ist ein eigenes Universum – so wunderbar ruhig“, sagt Lierenfeld. Ein extremer Kontrast zu dem rastlosen Alltag an Land, zur ständigen Erreichbarkeit. „Unter Wasser kann ich abschalten“, sagt der 53-Jährige.

14 Feuerwehrleute sind aktuell Teil der seit 1964 existierenden Taucherstaffel. Die Ausbildung ist hart und zeitintensiv. „Wir haben eine Abbrecherquote von 70 Prozent“, erklärt Lierenfeld. Zwei Jahre dauert die Ausbildung zum Feuerwehrtaucher. Sie untergliedert sich in Theorie und Praxis. Dreimal die Woche fahren die Aspiranten zum Tauchtraining. „Das belastet viele Ehen und Familien“, erklärt Lierenfeld. Denn die Taucherstaffel rekrutiert sich nicht nur aus Berufsfeuerwehrleuten, sondern auch aus Ehrenamtlern: „Das Verhältnis ist 50:50“, erklärt der Leiter. Da die freiwilligen Feuerwehrleute nur nach der Arbeit Zeit für die Ausbildung haben, findet sie abends statt. Wer die Prüfung besteht, ist Teil der Taucherstaffel. Um dabeibleiben zu dürfen, müssen die Feuerwehrleute zehn Tauchgänge unter Einsatzbedingungen im Jahr nachweisen.

Die Arbeit der Tauchstaffel ist belastend: „Wir verstehen jeden Einsatz als Rettungseinsatz“, erklärt Hans-Jürgen Lierenfeld. In nahezu allen Fällen aber bergen sie Tote. „Wir haben extra ausgebildete Kollegen, die bei der Verarbeitung der Erlebnisse helfen. Außerdem unterstützt uns die kirchliche Seelsorge. Wir können auch mit Psychologen reden“, erklärt der Wachleiter. 2002 hat Lierenfeld seinen ersten Einsatz gehabt, bei dem er zwei Leichen bergen musste. „Damals sind zwei Kinder im Zamek-See in Eller ertrunken – das eine war sechs, das andere acht Jahre alt.“

Die Hildener Taucherstaffel arbeitet eng mit den Düsseldorfer Kollegen zusammen. „Unsere Einsätze sind personalintensiv“, erklärt Lierenfeld. Mindestens fünf Feuerwehrleute rücken aus: ein Einsatzleiter, zwei Taucher und zwei Leinenführer. Während ein Taucher durch die Leine gesichert und gesteuert ein Gebiet absucht, kann sich der andere bereit machen. Nach 20 Minuten wird gewechselt. Wenn mehrere Taucher parallel im Einsatz sind, müssen entsprechend mehr Feuerwehrleute im Einsatz sein. Aus diesem Grund kooperieren die Hildener mit ihren Düsseldorfer Kollegen. In diesem Jahr gab es nur zu Beginn an den kalten Tagen Einsätze, als Menschen mit Selbstmordabsicht ins Wasser gegangen sind. An den warmen Tagen musste die Taucherstaffel noch zu keinem Unglück ausrücken.

Seit 1984 ist Hans-Jürgen Lierenfeld bei der Feuerwehr. Bis 1991 ehrenamtlich, danach beruflich. Nach seiner Ausbildung am Düsseldorfer Flughafen kam er im Oktober 1995 nach Hilden. 2001 beendete er die Ausbildung zum Taucher. Heute bildet er selbst aus und leitet die Gruppe. Seine Frau taucht auch. „Bis vor einigen Jahren sind wir regelmäßig nach Ägypten gefahren, um dort zu tauchen“, sagt Lierenfeld. Jetzt sei ihm die Lage dort zu unsicher. Es gibt auch andere schöne Tauchreviere auf der Welt. „Im Elbsee kann man zwischen fünf und zehn Meter weit sehen“, sagt Lierenfeld. In Ägypten fühle man sich wie in einem Aquarium, so klar sei das Wasser. Aber auch bei Trainingstauchgängen im Elbsee findet Lierenfeld seine Ruhe: „Man hört nichts, außer das Blubbern des Lungenautomaten.“ Hin und wieder schwimmt ein Hecht oder ein Karpfen vorbei. Manchmal bleibe er einfach fünf Minuten an einer Stelle stehen, um vom Alltag abzuschalten. In der wunderbaren Ruhe des Unterwasser-Universums.

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