Beim DRK-Blutspendedienst in Breitscheid werden auch Stammzellen entnommen. Der doppelte Lebensretter

Kreis Mettmann · Eugen Melser hat schon einmal seine Stammzellen zur Verfügung gestellt. Nun benötigt der Empfänger wieder Hilfe. Beim DRK-Blutspendedienst in Breitscheid wurde alles dafür vorbereitet.

 Stammzellenspender Eugen Melser mit Arzt Dr. Carlos Jiménez Klingberg im Blutspendezentrum West in Ratingen Breitscheid.

Stammzellenspender Eugen Melser mit Arzt Dr. Carlos Jiménez Klingberg im Blutspendezentrum West in Ratingen Breitscheid.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Der Anruf im Januar dieses Jahres kam für Eugen Melser völlig unvorbereitet. Seine Stammzellen seien laut Abgleichung in der Stammzellendatenbank als Spende für eine an Leukämie erkrankte Person potenziell geeignet, erklärte ihm die fremde Stimme am Telefon. Der 31-Jährige fühlte sich zuerst einmal überfordert. „Gut ja, ich hatte mich bei einer Aktion meines Arbeitgebers, der Bundeswehr, 2010 typisieren lassen“, erzählt der Soester, während er auf einer Liege liegt, durch dünne Schläuche fließt sein Blut, die angeschlossene Maschine macht leise, regelmäßige Pumpgeräusche, „aber richtig auseinandergesetzt hatte ich mich bis dahin mit der ganzen Thematik überhaupt nicht“.

Die großen Spenderräume in Ratingen Breitscheid sind modern, hell, freundlich, große Glasfronten ermöglichen den Blick ins Grüne. Es ist ruhig an diesem Morgen, Eugen Melser der einzige Spender. Ein mobiler Paravent gewährt die Möglichkeit der Diskretion und Intimsphäre. In dem gläsernen Vitrinenschrank stehen zahlreiche DVD: Keinohrhasen, Star Wars, Ziemlich beste Freunde. So eine Stammzellenentnahme dauert einige Stunden, Eugen Melser hat sich für „Sky Fall 007“ entschieden, mit einem Kopfhörer empfängt er den Ton, der große Bildschirm hängt über der Personaltheke.

„Man hat mich lange und gut informiert, was genau bei einer Spende auf mich zukommt, welche Risiken sie birgt, und man hat mir Zeit gegeben in Ruhe über alles nachzudenken“, erinnert sich der junge muskulöse Mann, während er einen kleinen Gummifußball in der linken Hand quetscht. „Man nennt das ,Pumpen’, er unterstützt damit den Blutfluss“, erläutert Gudrun Völker, die sich seit Jahren als Operatorin um die Spender kümmert, die Zugänge legt, Maschinen einstellt, Wünsche erfüllt, zuhört. Das Gerät piepst plötzlich, der Monitor gibt ein Signal, Gudrun Völker sieht gleich die Störquelle, einer der kleinen Schläuche ist an einer Stelle leicht geknickt - ein reibungsloser und durchgehender Ablauf ist wichtig.

Eugen Melser trifft seine Entscheidung gemeinsam mit seiner Frau, viele Voruntersuchungen später steht fest: Nur seine Stammzellenspende kann das Leben des schwerkranken Empfängers noch retten. „Bei Blutkrebspatienten ersetzt die Spende die eigenen kranken Stammzellen, deren Produktion vorher vollständig heruntergefahren wird“, erklärt Dr.  Carlos Jiménez, ärztlicher Leiter des Zentralbereichs Stammzelle.

Um die Stammzellen eines Spenders zu gewinnen, gibt es zwei Methoden: per Blutentnahme, wie bei Eugen Melser oder per Gewinnung durch eine Knochenmarkspende. „Dabei werden unter Vollnarkose kleine Einstiche in den Beckenknochen gemacht, die zu blauen Flecken und leichten Wundheilungsschmerzen führen könnten“, weiß der Facharzt. „Letzteres wird aber nur noch in rund 15 Prozent aller Fälle gemacht, oft, wenn es um eine Spende für ein Kind geht.“

Eugen Melsers Stammzellenspende erreicht den Empfänger im Februar, es ist seine letzte Hoffnung. Wenn die Spende nicht anschlägt, bleibt oft nur noch die palliative Versorgung des austherapierten Patienten. „Bei einer Stammzellenspende stehen die Chancen etwa 50:50 auf Heilung“, erläutert Dr. Jiménez. Und tatsächlich: Die gesunden Stammzellen des 31-Jährigen übernehmen vollständig die Blutproduktion des Empfängers, es geht ihm zunehmend besser.

Dann aber droht ein Rückfall. „Bei der engmaschigen Blutkontrolle des Patienten sind wohl einige Parameter auffällig, die darauf hinweisen, dass die Leukämie zurückkehren könnte“, sagt Jiménez, „deshalb ist Herr Melser noch einmal hier. Diesmal müssen nur seine weißen Blutkörperchen gewonnen werden.“ Für ihn sei das keine Frage gewesen, nochmals zu spenden, es gehe um ein Menschenleben, das sei selbstverständlich, sagt Melser leise, als Held fühle er sich weiß Gott nicht. „Manchmal frage ich mich, wer diese Person ist, wo sie lebt, was sie tut. Aber Kontakt dürfen wir erst nach zwei Jahren aufnehmen und dann nur, wenn wir beide uns das wünschen.“

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