Haan Auf jeden Fall Gewinner

Düsseldorf · Ömer und Silvia Güleryüz sind ein deutsch-türkisches Ehepaar. Das Thema Fußball entzweit sie nicht, auch nicht morgen beim Halbfinalspiel. Im Gegenteil: Sie freuen sich mit jeder Mannschaft, die verdient siegt.

„31 Stunden haben wir Zeit, dann wird’s eng“, sagt Ömer Güleryüz. 31 Stunden, die 2513 Kilometer mit dem Auto zu bewältigen, um rechtzeitig zum Anpfiff des Halbfinalspiels Deutschland-Türkei in Kesan, 28 Kilometer vor Istanbul, zu sein.

Wenn er dann mit seinen Cousins das Spiel verfolgt, wird er das ohne nationale Kostümierung und ohne Alkohol tun – „mit klarem Kopf“, sagt er. Natürlich werde er mit der türkischen Mannschaft fiebern. „Das ist klar“, sagt Güleryüz, der in Istanbul geboren und in Haan aufgewachsen ist, sich als „Haaner“ fühlt. Im Grunde könne er gar nicht verlieren. Denn wenn Deutschland weiterkommen sollte, würde er seine Sympathien eben der Löwschen Mannschaft zuwenden. So habe er sich vergangenen Donnerstag über den deutschen Sieg über Portugal „tierisch gefreut“, weil er die Mannschaft schon abgeschrieben hatte. Sie habe dann aber ein „geniales Spiel“ hingelegt. Da sei er dann erstmal ’raus auf den Balkon, habe gejubelt und seinen deutschen Nachbarn gratuliert, nachdem die Resonanz in dem türkisch dominierten Viertel sonst eher verhalten ausfiel.

Güleryüz ist da so binational ausgerichtet, dass die EM nicht einmal kleinste Dissonanzen im Zusammenleben mit seiner deutschen Ehefrau Silvia erzeugt. Die 34-Jährige wiederum ist so angepasst, dass sie sogar beim türkischen Sieg über Kroatien am Freitag ein „bisschen gehupt“ hat. Überhaupt empfinden sich die Güleryüzes nicht als Untertanen von König Fußball. „Die Bundesliga interessiert mich überhaupt nicht“, räumt der selbstständige Schmuckhändler ein. „Wenn mich jemand nach meinem Lieblingsclub fragt, sage ich Bayern München – ich könnte aber keinen Spieler benennen.“ Überhaupt ließen ihm seine Firma und die drei Kinder wenig Zeit, die wechselnden Punktestände in der Tabelle mit Muße zu verfolgen. Das rollende Leder vermag ihn nur alle zwei Jahre vor den Fernseher zu locken: zur Europa- oder Weltmeisterschaft.

Sein Tipp für das Match am Mittwoch: Obwohl die türkische Mannschaft durch Verletzungen und gelbe Karten stark dezimiert sei, hofft er auf einen knappen Sieg. Den türkischen Trainer finde er „zu streng“, seine taktischen Anweisungen wirkten zu blockierend, erst wenn die Spieler ein Tor kassierten, machten sie sich davon frei. „Wenn allerdings die Deutschen so spielen wie gegen Portugal, werden wir mit großem Abstand verlieren.“

Die Sorge, dass es bei einem deutschen Sieg zu Ausschreitungen enttäuschter türkischer Fans komme könnte, teilt der Familienvater nicht. „Es wird wie üblicherweise in der Düsseldorfer Altstadt zugehen und die Äußerungen in beide Richtungen werden etwas freizügiger sein.“

Er selbst werde in diesem Fall unter seiner türkischen Verwandtschaft allerdings auch keine Freudensprünge machen, aber eben auch nicht so betroffen sein. Auf jeden Fall wird er den jeweiligen Sieger mit besten Wünschen ins Finale begleiten. „Ich kann gar nicht verlieren“, sagt er lächelnd.

(RP)
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