Hilden Anschnallpflicht gilt nicht im Linienbus

Hilden · Wenn stehende Fahrgäste transportiert werden, darf der Bus maximal 60 km/h schnell fahren - auch auf der Autobahn.

Sybill Fricke aus Hilden nutzt gerne den Linienbus 782, um nach Düsseldorf zu fahren: "Das ist eine wunderbare Alternative zum Auto." Die 782 fährt teilweise über die Autobahn 46. Auch die 785 von Langenfeld oder der Schnellbus 50 aus Haan nutzen die Schnellstraße. Das Amtsgericht Düsseldorf verurteilte jetzt einen Rheinbahn-Fahrer der Linie 782 zu einer Geldstrafe von 600 Euro. Er hatte auf der A 46 einen Moment nicht aufgepasst und war mit 30 km/h auf einen Lkw am Stauende aufgefahren. Bei dem Aufprall wurden 14 Fahrgäste verletzt. "Warum gibt es in Linienbussen keine Sicherheitsgurte und Kopfstützen wie in jedem Reisebus?", fragt Sybill Fricke. Dann wäre der beschriebene Unfall sicher glimpflicher ausgegangen. Dieses Thema beschäftige sie schon lange. Die 69-Jährige weiß, dass im Linienverkehr keine Anschnallpflicht gilt: "Bei innerstädtischen Linien finde ich das okay. Ich wünsche mir aber, dass Fahrgäste die Wahl haben und sich auf Wunsch anschnallen können."

In der Rheinbahn-Busschule lernen Grundschüler, sich bei der Fahrt festen Halt zu verschaffen.

In der Rheinbahn-Busschule lernen Grundschüler, sich bei der Fahrt festen Halt zu verschaffen.

Foto: goet

Reisebusse In Reisebussen (auch imFernreiseverkehr zwischen Städten) bestehe seit 2006 eine generelle Anschnallpflicht (Paragraf 35 a Straßenverkehrsordnung), erläutert Nicole Rehmann, Sprecherin der Kreispolizei Mettmann: "Der Fahrer muss die Reisenden darauf hinweisen. Wer sich nicht anschnallt, begeht eine Ordnungswidrigkeit." Die Gurtpflicht in Reisebussen gilt auch dann, wenn nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird, entschied 2012 das Oberlandesgericht Hamm. Die Richter sprachen einer nicht angeschnallten Frau eine Mitschuld von 30 Prozent zu. Als der Bus Bahngleise überquerte, war die Frau erheblich verletzt worden.

Linienbusse Linienbusse hat der Gesetzgeber aus praktischen Gründen von der Anschnallpflicht ausgenommen (Paragraf 35a Straßenverkehrsordnung, StVO), erläutert die Polizei-Sprecherin. Das gelte sowohl für die Fahrgäste als auch für die Fahrer. Die Abstände zwischen den Haltestellen seien häufig kurz. Durch das An- und Abschnallen würde das Ein- und Aussteigen verzögert. Zudem dürfen Linienbusse auch stehende Fahrgäste befördern, wenn keine Sitzplätze mehr vorhanden sind. Ist dies der Fall, darf der Linienbus außerhalb geschlossener Ortschaften maximal 60 km/h schnell fahren. Das gelte auch für Autobahnen. So steht es in Paragraf 3 Absatz 3 Nr. 2 der StVO.. Rheinbahn Anschnallen in Linienbussen sei nicht praktikabel, verweist Heike Schuster, Sprecherin der Rheinbahn, auf die Gesetzeslage. Die allermeisten Busse seien im Stadtverkehr mit höchstens 50 km/ unterwegs: "Bei geschätzt vier von fünf Unfällen mit Linienbussen sind wir als Rheinbahn unschuldig." Die Rheinbahn befördere 2,18 Millionen Fahrgäste jährlich mit Bus und Bahn. Angesichts dieser Zahl seien Unfälle "relativ selten".

Fahrgastpflichten Wenn der Fahrgast einen Linienbus besteigt, schließt er rechtlich gesehen einen Vertrag mit dem Verkehrsunternehmen. So steht es in den Beförderungsbedingungen. Darin verpflichtet sich der Fahrgast unter anderem, für einen festen Halt zu sorgen, erläutert Heike Schuster. Ihr Rat: "Immer gegen die Fahrtrichtung setzen, das sind die sichersten Plätze, weil die Fahrgäste bei einem plötzlichen Bremsmanöver in die Sitze gedrückt werden." Senioren sollten sich nicht an ihrem Rollator festhalten, sondern an einer Stange im Bus: "Schlaufen nur nutzen, wenn es nicht anders geht." Reisebus im Linienverkehr Wenn Reisebusse im örtlichen Linienverkehr eingesetzt werden (etwa von Subunternehmen) und dadurch Gurte vorhanden sind, besteht grundsätzlich keine Anschnallpflicht, erläutert Bernd Meier, stellvertretender Sprecher des Landesministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr: "Die Fahrgäste können aber natürlich von den vorhandenen Sicherheitsgurten Gebrauch machen."

Linienbusse im Reiseverkehr Mitunter werden auch Linienbusse eingesetzt, um Schulklassen oder Gruppen bei Ausflügen zu transportieren. In Linienbussen, die keine Sicherheitsgurte enthalten, besteht keine Anschnallpflicht, auch dann, wenn sie für den Reiseverkehr eingesetzt werden, erläutert Meier. Eine Regelungslücke im Gesetz liege nicht vor: "Allerdings ist nach Paragraf 22 Absatz 2 BOkraft (Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr) die Beförderung von Fahrgästen auf Stehplätzen im Reiseverkehr unzulässig."

(RP)
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