Hilden Alles eine Frage des Geldes

Düsseldorf · Kandidaten im Gespräch Wofür stehen die Bürgermeisterkandidaten Angelika Urban (CDU) und Horst Thiele (SPD)? Ein Gespräch über Kita-Gebühren, Sicherheit und Sauberkeit in Hilden, die Zufahrt zum neuen Reichshof und die Finanzierung wichtiger Vorhaben.

Beginnen wir mit einem ganz aktuellen Thema. Die Tiefgarage des Neuen Reichshofs soll auf Vorschlag der Verwaltung von der Mühlenstraße angefahren werden. Dagegen protestieren Anwohner. Welche Position vertreten Sie als Bürgermeisterkandidaten?

Urban Die CDU war zunächst auch für eine Zufahrt über die Mühlenstraße. Aber nachdem zahlreiche Anwohner mit großen Bedenken, sowohl schriftlich als auch persönlich, bei uns vorgesprochen haben, haben wir unsere Meinung revidiert. Es muss im Stadtentwicklungsausschuss und Rat über andere Möglichkeiten der Zufahrt diskutiert werden, zum Beispiel über die Hochdahler Straße oder die Mittelstraße.

Thiele Nach dem seit 1983 gültigen Bebauungsplan könnte die Kirche auf dem Reichshof-Areal bis zu fünf Geschosse bauen und es von der Mühlenstraße aus erschließen, ohne irgendjemanden um Erlaubnis fragen zu müssen. Die geplante Änderung des Bebauungsplanes bietet die Möglichkeit, alles neu zu ordnen — auch den Verkehr neu zu regeln. Die SPD ist dafür, das noch ausstehende Verkehrsgutachten abzuwarten und dann zu entscheiden.

Urban Ein Verkehrsgutachten über eine Zufahrt über die Mühlenstraße können wir uns sparen.

Thiele Das Bebauungsplan-Verfahren setzt ein Verkehrsgutachten zwingend voraus. Dann muss der Rat abwägen.

Urban Für uns als CDU ist wichtig: Wir können nicht von Bürgerbeteiligung sprechen und uns über die Einwände der Anwohner der Mühlenstraßen hinwegsetzen.

Thiele Und was tun Sie, wenn dadurch keine Bebauungsplan-Änderung zustande kommt? Dann gilt der bestehende Bebauungsplan mit den erwähnten Konsequenzen. Damit tun Sie den Anwohnern keinen Gefallen.

Urban Das werden wir sehen.

Die 46 Millionen Euro Erlös aus dem Stadtwerke-Teilverkauf wurden in einem so genannten Bürgersparbuch für die Zukunft angelegt. Herr Thiele, Sie haben davon gesprochen, dass man auf dieses Geld zugreifen müsse, wenn alle Stricke reißen.

Thiele Damit habe ich einen Nothaushalt gemeint. Dann würde uns die Aufsichtsbehörde zwingen, an dieses Geld zu gehen, ob wir wollen oder nicht. Ich möchte das Bürgersparbuch nicht antasten. Wir erhalten mehr Zinsen, als unsere Kredite kosten. Deshalb steht die Stadt mit dem Bürgersparbuch besser da, als wenn wir mit dem Geld die Stadt entschuldet hätten.

Urban Die Zinsen des Bürgersparbuchs tragen dazu bei, das Defizit einiger Hildener Standards wie Bäder, Ortsbuslinie und Stadthalle auszugleichen. Die 46 Millionen Euro sehe ich als Polster für nachfolgende Generationen.

Finden Sie, dass Hilden sauber und sicher ist?

Urban Nein.

Thiele Hilden ist sicher, aber wir haben ein Unkrautproblem, das wir angehen müssen.

Urban Hilden besteht nicht nur aus der Mittelstraße. In vielen Stadtteilen wie etwa im Hildener Osten oder anderen Bezirken ist die Sauberkeit durchaus ein Problem. Zu einer attraktiven Stadt gehört ein gepflegtes Aussehen. Hier muss dringend etwas unternommen werden. Trotz niedriger Kriminalitätsrate sehe ich bei der Sicherheit Handlungsbedarf. Ich bin dafür, die Zahl der Ordnungsamtsmitarbeiter von vier auf sechs aufzustocken und sie zum Beispiel abends zu Brennpunkten zu schicken.

Thiele Vor einigen Jahren wurden die Pflegestandards abgesenkt. Die Versteppung der Gehwege und Straßenrinnen macht auch anderen Städten zu schaffen. In der Verwaltung denken wir über eine neue Asphalt-Kolonne nach. Mehr Sauberkeit gibt's aber nur mit mehr Personal.

Urban Das sehe ich auch so.

Thiele Was die Sicherheit angeht: Die Polizei müsste mehr in alter Stärke patrouillieren. Das Ordnungsamt hat gar nicht die nötigen Kompetenzen einer Stadtpolizei, kann beispielsweise Radfahrer in der Fußgängerzone nicht anhalten.

Urban Dann muss man überlegen, die Ordnungskräfte mit mehr Kompetenzen auszustatten. Da ist die Landespolitik gefragt.

Die SPD hatte vorgeschlagen, dass für das letzte Kindergartenjahr keine Beiträge mehr gezahlt werden sollen. Dadurch kämen auf die Stadt Mehrkosten in Höhe von 250 000 Euro zu. Frau Urban will die Eltern bei den Gebühren für die Kita und Ogata alle um zehn Prozent entlasten. Das würde rund 150 000 Euro weniger an Einnahmen ausmachen. Wie wollen Sie beide das gegenfinanzieren?

Thiele Natürlich sind wir in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Es kann eng werden. Aber wir müssen Prioritäten setzen. Im dritten Kindergartenjahr kann es uns gelingen, Kinder mit Migrationshintergrund frühzeitig zu integrieren und auf die Schule vorzubereiten. Wenn man das langfristig sieht, können wir damit auch eine Menge Geld sparen. Gegenfinanzieren können wir die fehlenden Einnahmen durch Einsparungen im Energiesektor. "On top", also zusätzlich, geht das natürlich nicht.

Urban Ich empfinde es als ungerecht, dass nur ein bestimmter Teil von Eltern von Beitragsermäßigungen profitieren soll. Ich möchte alle Eltern entlasten. Alle Kita-Beiträge und die Ogata-Beiträge sollen um jeweils zehn Prozent des heutigen Satzes gesenkt werden. Und je nach Haushaltslage wollen wir die Beiträge kontinuierlich weiter abbauen, bis wir auf 50 Prozent der jetzigen Sätze sind. Zur Gegenfinanzierung hat Herr Thiele schon die Einsparungen im Energiesektor genannt. Ich kann mir vorstellen, dass durch die Schließung der Albert-Schweitzer-Schule Mittel frei werden, die man dafür einsetzen kann. Ganz klar ist: Das Geld, das uns fehlt, muss an anderer Stelle eingespart werden.

Die Diskussion, ob als Ersatz für die Fabricius-Halle eine Einfach-, Zweifach- oder Dreifachturnhalle am Holterhöfchen erstellt werden soll, ist noch relativ offen. Ihre Position dazu?

Thiele Eine Einfachturnhalle steht für mich nicht zur Diskussion. Ich spreche hier ausschließlich als Bürgermeisterkandidat, mit meiner SPD ist das noch nicht abgesprochen. Die Verwaltung hat Systembauer um Angebote gebeten, auch für eine oberirdische Bebauung, also ohne Keller. Das scheint zu gehen. Ein Unternehmer hat eine Zweifachturnhalle für 4,5 Millionen angeboten, deren Sportfläche aber einer Dreifachturnhalle entspricht. Wenn man das in Relation setzt, macht es aus meiner Sicht wirtschaftlich keinen Sinn, eine Zweifachturnhalle zu bauen, wenn ich für 350 000 Euro mehr die Chance habe, eine Dreifachturnhalle zu bekomme. Wir erhalten zweieinhalb Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket, so dass wir maximal — wenn wir fünf Millionen als Deckel sehen — zweieinhalb Millionen zu finanzieren haben. Die Belastung hierfür könnte aus den eingesparten Betriebskosten für die Albert-Schweitzer-Schule getragen werden. Außerdem hätten wir die Möglichkeit, hier ein Modellprojekt mit der Kreishandwerkerschaft zu initiieren und die Halle ausschließlich mit Betrieben aus der Region zu bauen. Das erlaubt das Konjukturprogramm ausdrücklich.

Urban Wir waren von Anfang an für eine Dreifachturnhalle, weil wir den Bedarf gesehen haben, der in den Schulen und Vereinen vorhanden ist. Dass wir ihre Finanzierung durch das Konjunkturpaket II, Einsparungen laufender Kosten bei Wegfall der Albert-Schweitzer-Schule und sonstige Unterhaltungskosten sicherstellen können, ist eine Situation, wie sie nicht wiederkommt. Und das ist ja schließlich keine Anschaffung für zehn Jahre.

Das Gespräch führten Barbara Jakoby und Christoph Schmidt.

(RP)
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