Hilden 42 Stolpersteine gegen das Vergessen

Hilden · Kleine Messingtafeln, ins Pflaster eingelassen, erinnern an Opfer des Nationalsozialismus in Hilden. Die letzten sechs wurden jetzt verlegt.

 Gunter Demnig verlegt einen Stolperstein für den desertierten Wehrmachtssoldaten Karl Harhoff, ehemals wohnhaft Hochdahler Straße 132.

Gunter Demnig verlegt einen Stolperstein für den desertierten Wehrmachtssoldaten Karl Harhoff, ehemals wohnhaft Hochdahler Straße 132.

Foto: Staschik

Auf dem Bürgersteig vor dem Haus Hochdahler Straße 132 steht eine Kerze, weiße und rote Rosen liegen auf dem Pflaster. Darunter leuchtet ein messing-farbenes Quadrat aus dem Dunkelgrau. "Karl Harhoff" ist da eingraviert, geboren am 14.10.1915 in Hilden, nach unerlaubter Entfernung von der Truppe als Deserteur zum Tode verurteilt und erschossen am 12.08.1944. Im Haus Nummer 132 an der Hochdahler Straße war seine letzte Wohnung.

Karl Harhoff ist eines der 42 Opfer des Nationalsozialismus, an die in Hilden die sogenannten Stolpersteine erinnern: Pflastersteine mit einer Messingplatte, auf der die Namen der Opfer und wichtige Daten wie Geburts- und Todesdatum eingraviert sind.

Am Sonntag, dem Holocaustgedenktag, wurden die letzten sechs Steine in Hilden verlegt. Begleitet von der Klezmergruppe "Nokh a Bisel" setzte Künstler Gunter Demnig, die Steine in die vom Bauhof vorbereiteten Löcher, klopfte sie fest und füllte die Fugen mit Sand und Mörtel. Bis zu 50 Bürger waren dabei, darunter auch Bürgermeister Horst Thiele und der stellvertretende Bürgermeister Norbert Schreier.

Außer Karl Harhoff bekam noch ein weiterer "Deserteur" einen Stolperstein: Paul Krey, dessen letzte Wohnung in der Ellerstraße 128 lag. Harhoff und Krey sind die ersten "Deserteure", für die Stolpersteine verlegt wurden. Anita Ellsiepen vom Arbeitskreis "Stolpersteine in Hilden" sagte, man habe lange diskutiert, ob auch für sie Gedenksteine verlegt werden sollen. Schließlich seien sie auch Soldaten der Wehrmacht gewesen, möglicherweise selbst zu Tätern geworden. Trotzdem habe man sich für die Verlegung entschieden, heißt es in einem Handzettel des Arbeitskreises. "Auch als Zeichen für die vielen anderen Soldaten, die (...) ihrem Dienst den Rücken gekehrt und dafür mit dem Leben bezahlt haben."

Weitere Stolpersteine wurden für die russischen Zwangsarbeiterinnen Jawdocha Bjelouss, Agrippina Akimowa und Antonina Tscherbakowa verlegt. Sie haben in Fabriken, Haushalten und Gaststätten in Hilden gearbeitet. Später wurden sie in Heil- und Pflegeanstalten eingewiesen. Akimowa und Tscherbakowa wurden als "unwertes Leben" getötet, über das weitere Schicksal der 18-jährigen Jawdocha Bjelouss ist nichts bekannt. Die Hildenerin Klara Wege wurde nach Minsk deportiert und starb dort im Ghetto.

Seit November 2004 sind damit 42 Stolpersteine zum Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus verlegt worden. "Für eine Kleinstadt wie Hilden sind 42 schon ganz schön viel", meint Anita Ellsiepen. Schließlich habe Hilden in den 1930er und 40er Jahren nur etwa 20 000 Einwohner gehabt. Unter den Opfern waren Juden, Behinderte, politische Feinde, Zwangsarbeiter.

Die Idee der Stolpersteine hatte der Künstler Gunter Demnig in den 1990er Jahren: Opfer des Nationalsozialismus sollten Gedenksteine bekommen und zwar dort, wo sie zu Hause waren, an ihrem letzten selbst gewählten Wohnort. Mittlerweile gibt es Stolpersteine in ganz Deutschland und im angrenzenden Ausland.

(RP)
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