Gericht Vater und Sohn streiten vor Gericht – außer Spesen nichts gewesen

HAAN/WUPPERTAL · Ein Haaner hatte seinen Sohn angezeigt, die Strafanzeigen aber später zurückgezogen. Wegen eines Formfehlers landete die Sache nun vor der Berufungskammer.

 Obwohl alles erledigt schien, wurde der Streit zwischen dem Haaner Vater und seinem Sohn vor dem Berufungsgericht neu verhandelt.

Obwohl alles erledigt schien, wurde der Streit zwischen dem Haaner Vater und seinem Sohn vor dem Berufungsgericht neu verhandelt.

Foto: dpa/Volker Hartmann

Die Geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los: Dieser Satz aus Johann Wolfgang von Goethes „Zauberlehrling“ mag einem Vater wohl jetzt in den Sinn gekommen sein, der seinen Sohn im Juni 2018 angezeigt hatte.

Der 24-jährige Haaner hatte sich über eine Terrassentür unbemerkt Zutritt zu seinem Elternhaus verschafft, um in Besitz des Hausschlüssels zu kommen. Das schien allerdings nicht im Interesse des Vaters gewesen zu sein, der seinen Sohn zur Rede stellte.

Der schlug dem Mann daraufhin mehrfach gegen den Brustkorb, steckte den Schlüssel ein und verschwand. Noch bevor er am Nachmittag wiederkam, hatte der Vater aber bereits die Schlösser ausgetauscht.

Der Sohn randalierte und zerschlug die Gartenmöbel, der Vater fühlte sich bedroht und rief die Polizei. Tage später gelang dem jungen Mann der Schlüsseldiebstahl dennoch durch die geöffnete Terrassentür, der Vater stellte Strafanzeige. Die Justiz machte ihre Arbeit, im November vergangenen Jahres wurde die Sache beim Amtsgericht verhandelt.

Sachbeschädigung, einfache Körperverletzung und räuberischer Diebstahl: Am Ende hatte es drei Anklagevorwürfe gegeben, und alle drei Verfahren wurden eingestellt. Warum? Der Vater hatte die Strafanzeige zurückgezogen, und dazu noch die Zeugenaussage vor Gericht verweigert, offenbar war der Familienfrieden zwischenzeitlich wiederhergestellt worden. Dass so etwas nicht so unkompliziert und geräuschlos abläuft, wie man gemeinhin annimmt? Das hat das vermeintliche Opfer nun auch schmerzlich erfahren müssen.

Die räuberische Erpressung ist im juristischen Sinne kein Vergehen, sondern ein Verbrechen. Hier muss die Staatsanwaltschaft von Amts wegen weiter ermitteln. Ein solches Verfahren kann nicht einfach eingestellt werden, weil jemand die Anzeige zurückzieht. Dem steht das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung entgegen – und das deutsche Rechtssystem. Das Amtsgericht hätte den Angeklagten vom Vorwurf des räuberischen Diebstahls mangels Beweisen freisprechen müssen, statt einfach nur das Verfahren gegen ihn einzustellen.

Dieser Formfehler war der Staatsanwaltschaft aufgefallen, dort war man deshalb in die Berufung gegangen.

Am Ende wurde der Freispruch von der Berufungsrichterin nachgeholt, weil es zuvor beim Amtsgericht keine Aussage des vermeintlichen Opfers und auch keine Zeugen gegeben hatte. Und weil der Angeklagte im Zweifel freizusprechen ist, wenn man ihm die Tat nicht nachweisen kann.

Vor allem aber war es bei der Berufung um die Gerichtskosten gegangen, die nun zwar noch höher ausgefallen sind, aber anders aufgeteilt werden müssen und möglicherweise zu Ungunsten des Vaters neu berechnet werden sollen.

Der wiederum wird nun vermutlich denken: Außer Spesen nichts gewesen.

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