Gastbeitrag Wolfgang Niederhagen „Trödel-Histörchen“: Verfolgungsjagd mit Kirmes-Orgel

Haan · Der Haaner Wolfgang Niederhagen, Trödelmarkt-Organisator der ersten Stunde, erinnert sich an eine abenteuerliche Episode aus der Gründerzeit des Haaner Trödels und hat sie in einem Gastbeitrag aufgeschrieben.

 Dieses 1947 von Franz Xaver Leinfelder gemalte Bild zur Haaner Kirmes wurde 2020 wiederentdeckt und von Wolfgang Niederhagen restauriert.

Dieses 1947 von Franz Xaver Leinfelder gemalte Bild zur Haaner Kirmes wurde 2020 wiederentdeckt und von Wolfgang Niederhagen restauriert.

Foto: Stadt Haan

„1974 hatte ich die Idee, in Haan um die Adventszeit einen Trödelmarkt zu veranstalten, und nach etwas zögerlichem Anfang war daraus eine Einrichtung geworden, an der sich hunderte Haaner Bürger und viele Vereine beteiligten. Die Standgebühren wurden für einen guten Zweck gespendet. Angetan von dieser immer beliebter werdenden uneigennützigen Veranstaltung hatte sich Herr Bruch aus Düsseldorf, der Besitzer des Riesenrades, welches die Attraktion der Haaner Kirmes ist, dank seiner guten Beziehung zu unserer Stadt bereit erklärt, uns für den Tag des Trödelmarktes seine historische holländische Drehorgel aus seiner Orgelsammlung zur Verfügung zu stellen, um mit weihnachtlicher Musik für eine recht romantische Stimmung zu sorgen. Ein Angestellter seiner Firma würde das wertvolle Instrument transportieren und bedienen, hieß es. Einzige Bedingung war, dem Mann einen Geldschein in die Hand zu drücken, damit er sich mit Speis und Trank an dem kalten Tag versorgen könne.

Die Orgel war pünktlich, von einem Sattelschlepper gezogen, zur Stelle. Natürlich wurde sie nicht mehr von Hand gedreht, sondern ein Elektromotor trieb das Wunderwerk an, und bald schallten die so typischen Klänge über den Platz. Es war einer der schönsten Trödelmärkte, an die ich mich erinnern kann und der am Abend mit stimmungsvoller Musik ausklang.

Am nächsten Morgen rief mich Herr Bruch aus Düsseldorf an. Ehe ich mich überschwänglich für seine Großzügigkeit bedanken konnte, fragte er mich, ob mir bei seinem Mitarbeiter, der für den „Orgelauftritt“ verantwortlich war, etwas aufgefallen sei. Mir war nichts aufgefallen. Dann sein trauriger Bericht: Mein Geld für Speis und Trank hatte der wackere Mann wohl in der Hauptsache in Glühwein investiert, denn die Polizei hatte bemerkt, dass er bei seiner Heimfahrt mit seinem Sattelzug, die Orgel im Schlepp, Fahrspuren nicht genau einhielt. Als man ihn, schon auf Hildener Gebiet, stoppen wollte, geriet der gute Mann in Panik und versuchte, wie ein von Hunden gehetzter Hase, durch einen kühnen Haken seinen Verfolgern zu entkommen, indem er in ein Baugrundstück einbog, wobei die Orgel umkippte und erheblichen Schaden nahm. Der Fahrer war dann zu Fuß geflüchtet und noch nicht wieder aufgetaucht.

Später erfuhr ich dann, dass der Fahrer sich einige Tage bei seinem Bruder in der Eifel versteckt hatte und die Reparatur der Orgel ein paar tausend Mark gekostet hat.

Seit diesem Vorfall musste der Trödelmarkt leider ohne Orgel auskommen, das Riesenrad war aber auf der nächsten Kirmes zum Glück wieder da.“

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