Haan Schüler nehmen Kandidaten in die Mangel

Haan · Vermutlich hatten sich die fünf Bürgermeisterkandidaten die Podiumsdiskussion mit Schülern der drei weiterführenden Schulformen einfacher vorgestellt. Denn schnell stellte sich heraus: Diese Erstwähler sind mit ein wenig Polemik ganz sicher nicht zu überzeugen.

 Klara Jäckel und Melissa Brandke moderieren am Tisch rechts den Themenblock Finanzen. Im Vordergrund von links Knut vom Bovert, Gabriele Haage, Meike Lukat, Jörg Dürr und Bettina Warnecke.

Klara Jäckel und Melissa Brandke moderieren am Tisch rechts den Themenblock Finanzen. Im Vordergrund von links Knut vom Bovert, Gabriele Haage, Meike Lukat, Jörg Dürr und Bettina Warnecke.

Foto: Staschik, Olaf (ola)

Es ist diese junge Schülerin mit dem auffallend rosafarbenen Pullover, die plötzlich alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. "Ich brauche kein Mikrofon", unterbricht sie mit kraftvoller, wütender Stimme die bis dahin eher vor sich hin plätschernde Podiumsdiskussion "Wir Schüler haben wirklich mehr Herz als so mancher Politiker. Man sollte still sein, wenn Kinder schlafen, aber nicht wenn sie sterben - kennen Sie diesen Spruch?", ruft sie den fünf Bürgermeisterkadidaten erzürnt entgegen.

Es war offensichtlich die vorausgegangene Diskussion über die Flüchtlingssituation in Haan, die die Schülerin in Rage gebracht hatte, vor allem aber die Antwort Knut vom Boverts auf die konkrete Frage des Moderators, ob er sich vorstellen könne, ein Flüchtlingskind bei sich aufzunehmen. "Ich denke nicht, dass ich in meinem Alter der Richtige bin für ein Kind", hatte der amtierende Bürgermeister (65) geantwortet. Für die Schülerin eine völlig unakzeptable Aussage. "Glauben Sie, ich in meinem Alter wäre die Richtige für ein Kind? Und ich sage Ihnen etwas, ich würde sogar eine ganze Familie aufnehmen" ruft sie aufgebracht, unter dem tosenden Applaus der unzähligen Mitschüler. Flüchtlingspolitik - es ist scheinbar das Thema, das die Erstwähler am meisten bewegt, dicht gefolgt von der Schulsituation in Haan. Ein Einspielfilm verdeutlicht: Die Pläne gehen massiv in Richtung Gesamtschule, die anwesenden Schüler buhen. "Mit einer Gesamtschule hätten wir eine optimale Schullandschaft, denn hier kann sowohl Haupt- als auch Realschulabschluss und Abitur nach neun Jahren gemacht werden", versucht Meike Lukat, Bürgermeisterkandidatin der WLH, zu verdeutlichen. Viele aber sind besorgt. Was ist, wenn dadurch die Schülerzahlen für das Gymnasium sinken? Was ist dann mit den Kursangeboten in der Oberstufe? Was passiert mit den jetzigen Realschülern, wo sollen die dann hin? "Die Schulen könnten sich später wunderbar ergänzen, das Gymnasium als Europaschule mit einer naturwissenschaftlich geprägten Gesamtschule. Es soll keine Konkurrenz entstehen, sondern eine Kooperation", erklärt Jörg Dürr (SPD). "Es liegt schlichtweg an der mangelnden Transparenz der Verwaltung, dass Ihr noch nicht richtig informiert wurdet, wir brauchen in allen Bereichen eine wesentlich bessere Informationspolitik", ruft Meike Lukat energisch ins Mikrofon. Zwei weitere Themen - Schulden und Einzelhandel in Haan - berühren die Schüler weniger emotional. Wie bei jeder politischen Auseinandersetzung wird die Verantwortung für den Schuldenstand (rund 38 Mio) und die aussterbende Innenstadt hin und her geschoben. Dr. Bettina Warnecke (parteilos, aber für die CDU antretend) ist sich sicher: "Die Stadt braucht ein hochprofessionelles Marketingkonzept."

Letztlich aber geht es doch immer wieder um die Flüchtlingspolitik. Als Dr. Bettina Warnecke davon spricht, Wirtschaftsflüchtlinge gegebenenfalls zurückzuschicken, reagiert eine Schülerin in der ersten Reihe entzürnt: "Wirtschaftsflüchtlinge sind nicht immer nur die, die zu uns kommen, um sich ein teures Auto leisten zu können, es sind viel öfter Menschen, die größten Hunger und Armut erleiden oder verfolgt werden."

Auch Gabriele Haage (parteilos) findet zum Thema Flüchtlinge für einige Schüler nicht den richtigen Ton. "Flüchtlinge kommen oft mit zu hohen Ansprüchen und sollten manchmal etwas bescheidener sein. Wir können schließlich nicht die ganze Welt retten." Mit der Reaktion eines Schülers auf diese Aussage hat sie ganz sicher nicht gerechnet: "Warum probieren wir es nicht einfach?"

(dani)
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