Analyse Politische Arbeit muss effektiver werden

Haan · Heute tagt der Rat. Es ist seine letzte Sitzung vor der Bürgermeisterwahl. Seine Tagesordnung ist lang - und bedingt durch die mangelnde Entschlusskraft seiner Ausschüsse sind viele Entscheidungen noch offen. So führen sich die Ausschüsse selbst ad absurdum.

Analyse: Politische Arbeit muss effektiver werden
Foto: Staschik, Olaf (ola)

"Es ist schon alles gesagt.

Nur noch nicht von allen."

Ausschusssitzungen in Haan sind zurzeit eine zermürbende Angelegenheit. Wie zuletzt im Haupt- und Finanzausschuss gelingt es den Mitgliedern trotz ausschweifender Diskussion nicht, zu Empfehlungen zu kommen. Damit führen sie ihre eigene Arbeit ad absurdum. Denn das ist Hauptaufgabe der Fachausschüsse: Empfehlungen aussprechen und so die Entscheidungen des Rates vorbereiten.

Doch das gelingt immer seltener. Themen werden dort, wo es geht, in den Hauptausschuss und spätestens von ihm in den Rat geschoben. Hier sind zumeist erneut erschöpfende Diskussionen zu ein- und denselben Inhalten zu erwarten, frei nach dem Zitat von Karl Valentin: "Es ist schon alles gesagt. Nur noch nicht von allen." In Andreas Rehm (GAL) gibt es dann mitunter einen Mahner, der daran erinnert, dass die zuvor bereits in den Ausschüssen erfolgten Debatten im Rat nicht noch einmal geführt werden sollten. Doch spätestens in Wahlkampfzeiten scheinen diese Appelle keine Wirkung mehr zu zeigen.

Zwölf Ausschüsse sowie zwei Verwaltungs- und Aufsichtsräte sind in Haan installiert Dazu gibt es drei Unterausschüsse, zwei Arbeitskreise, einen Seniorenbeirat und regelmäßige Zusammenkünfte der Fraktionschefs (Fraktionsvorsitzendenbesprechung). Nicht zu vergessen sind die regelmäßigen Besprechungen der Fraktionen, in denen eigentlich auch schon eine Stoßrichtung vereinbart wird.

Zurzeit wird überlegt, in Haan einen weiteren Beirat einzurichten - den Gestaltungsbeirat, der, besetzt mit Architekten, die Stadt vor Bausünden bewahren soll. Zum Vergleich: Städte mit vergleichbarer Einwohnerzahl in NRW kommen häufig mit weniger Ausschüssen aus - Gevelsberg hat zehn und einen Integrationsrat. Werne hat zwölf Ausschüsse, Emmerich ebenfalls zwölf sowie zwei Arbeitskreise und zwei Beiräte. Lohmar hat elf Ausschüsse.

Gewiss, die Themen sind anspruchsvoll. Der millionenschwere Neubau des Gymnasiums, die Schulstruktur in Haan, die Modernisierung der Grundschule Gruiten, die maroden Finanzen des städtischen Haushalts und die Unterbringung von Flüchtlingen, all das hat weitreichende Folgen, die bedacht werden müssen. Doch eben weil diese Themen so wichtig sind, müssen Entscheidungen herbeigeführt werden, damit es vorwärts gehen kann. Nur eine Entscheidung ist Grundlage für den nächsten Schritt. Hängt sie in der Schwebe, verharren die Dinge im Stillstand.

Die Amtszeit für den frisch gewählten Bürgermeister oder die frisch gewählte Bürgermeisterin beginnt am 21. Oktober. Und gleich, ob es sich dabei um den bisherigen Amtsinhaber oder um jemand anders handelt, ergibt sich dadurch die Chance, Weichen neu zu stellen. Ja, es ist eine ungewöhnliche, aber doch vielleicht überlegenswerte Anregung, um politische Arbeit effektiver zu machen: Haaner Rats- und Ausschusssitzungen werden live im Internet übertragen. Städte wie Köln, Bonn, Düsseldorf, Wuppertal, Bottrop oder Essen machen das. Essen hat übrigens nur 14 Ausschüsse.

Jeder Wähler könnte sich dann ein umfassendes Bild davon machen, wie die Fraktionen in Rats- und Ausschusssitzungen argumentieren. Und die Ratsherren und -damen hätten einen Anreiz, ihre Argumente für Jedermann eingängig, verständlich und somit letztlich kurz gefasst zu formulieren. Ermüdende Wiederholungen hätten keine Chance mehr, denn sie würden die Zuschauer zum Abschalten bewegen. Und mit der Live-Übertragung würden so viele Zuschauer angesprochen wie nie: 400 bis 700 sind es in Bonn. Kosten für die Anschaffung dort: 4000 Euro. Jährliche Personalkosten: 1000 Euro.

(arue)
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