Stadtrat Tiefschläge im Kampf gegen Formella?

Haan · Heute wird im Stadtrat über den Antrag von SPD und CDU entschieden, die Erste Beigeordnete der Stadt Haan abzuwählen. Mit allen Mitteln?

 Dagmar Formella sitzt seit dem Urteil vergangene Woche wieder in ihrem Büro.	  	 foto: stephan köhlen

Dagmar Formella sitzt seit dem Urteil vergangene Woche wieder in ihrem Büro.   foto: stephan köhlen

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Wenige Stunden, bevor heute über den Abwahlantrag von SPD und CDU gegen Dagmar Formella entschieden werden soll, wird die Gangart offenbar deutlich ruppiger – und es sieht so aus, als würde auch in die Trickkiste gegriffen, um die Entfernung der Wahlbeamtin zu rechtfertigen, gegen die zurzeit ein Ermittlungsverfahren  der Staatsanwaltschaft läuft.

Es geht um den Vorwurf, einem Sicherheitsunternehmen im Bereich der Überwachung von Unterkünften für Flüchtlinge Aufträge „zugeschanzt“ und persönliche Vorteile daraus gezogen zu haben. Bisher ist zwar noch nicht einmal klar, ob der Anfangsverdacht für ein Strafverfahren gegen Formella ausreicht, doch wird mit den Informationen offenbar politisch Stimmung gemacht.

So hat Bürgermeisterin Bettina Warnecke nach RP-Informationen die Politiker Anfang der Woche sowohl im Rechnungsprüfungsausschuss als auch im Haupt-und Finanzausschuss im nicht öffentlichen Teil mit einer Vergleichsrechnung aus den Ermittlungsunterlagen vertraut gemacht, die belegen soll, dass das Verhalten der Ersten Beigeordneten für die Stadt einen großen finanziellen Schaden bedeutet hat.

Die entsprechende Erhebung dazu wurde nach RP-Informationen beim Rechnungsprüfungsamt des Kreises Mettmann gezielt in Auftrag gegeben. Die Untersuchung fand jedenfalls nicht im Rahmen einer Routine-Überprüfung statt.

Das Ergebnis wirkt auf den ersten Blick überzeugend. Der Stadt  Haan sei ein „fiktiver Schaden“ von 137.246,37 Euro entstanden, heißt es in der Auflistung. Wer indes weiter forscht, stellt schnell fest, dass als Vergleichswert das Ergebnis der Stadt Monheim herangezogen wurde. Die steht kreisweit bestens da  – wäre als Referenz ein anderer Nachbar genommen worden, wäre das Ergebnis schlechter als Haans ausgefallen – zumal auch Monate eingerechnet wurden, in denen die Stadt den Auftrag schon ausgeschrieben hatte.

Was das ganze belegt? Alle werden im Umfeld der anstehenden Abwahl Formellas offenbar nervös – erst recht, seitdem das Verwaltungsgericht der Haaner Beigeordneten mit der Entscheidung über einen Eilantrag einen ersten Erfolg verschafft hat. Das Gericht sah die sofortige Entfernung Formellas aus ihrem Amt, verbunden mit dem Verlust eines Drittels ihrer Bezüge als nicht rechtens an.

Seitdem sitzt die Verwaltungsbeamtin wieder in ihrem Büro. Gleichwohl besteht kaum ein Zweifel daran, dass SPD und CDU ihre Mehrheit für eine Abwahl heute Abend zusammenbekommen. Sie argumentieren mit einem umfangreichen Vertrauensverlust. Mehrere Verwaltungsexperten, die unsere Redaktion befragt hat, bezweifeln indes die Stichhaltigkeit des bisher vorgelegten Materials. Noch drastischer formuliert es die Wählerinitiative Lebenswertes Haan. Deren Fraktionschefin Meike Lukat schrieb jetzt, jeder der auf die Vorwürfe der Verwaltungsspitze gegen Formella sachlich reagiert habe, habe sich zuletzt Drohungen und Nötigungen ausgesetzt gesehen, „die ich nach 15 Jahren ehrenamtlicher Kommunalpolitik noch nie erlebt habe“.

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