Hann Im Insektenhotel muss Catering stimmen

Haan · Das Insektenhotel der AGNU Haan in Nähe des Gruitener Klärwerks hat viele Gäste. Die Erbauer werben um Nachahmer – warnen aber vor häufigen Fehlern.

 Hans-Joachim Friebe vor dem neuen Insektenhotel auf einer Obstwiese in Gruiten.

Hans-Joachim Friebe vor dem neuen Insektenhotel auf einer Obstwiese in Gruiten.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Ein vielstimmiger Vogelchor erfüllt die Luft. Zwischen hohen Gräsern, Brennesseln und Beinwell entfalten Apfelbäume ihre weiße Blütenpracht. Und mittendrin zieht ein kleines Holzhäuschen mit spitzem Dach regelmäßig summende Besucher an: „Insektenhotel“ ist auf dem Giebel in bunter Schreibschrift zu lesen, und darunter der Name des Urhebers: die „AGNU (Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt) Haan.“

„Es ist noch nicht ganz vollständig“, sagt Naturschutzwart Hans-Joachim Friebe. Er hat die Nisthilfe auf der Streuobstwiese an der Ecke Sinterstraße/Heinhausen im vergangenen Jahr aus Palettenholz gebaut, mit durchlöchertem Holz und gebrannten Ziegeln ausgefüllt. Einer Vielzahl von Hautflüglern bietet das Häuschen Unterschlupf, den sie in der durch die Zivilisation veränderten Umwelt immer seltener finden.

Nur wenige Meter entfernt kümmert sich Dr. Friedhelm Hain um seine Bienenvölker – als einer von drei Imkern auf der Fläche. „Mit der Tätigkeit habe ich vor 20 Jahren angefangen“, erklärt der hauptberufliche Chirurg. „Die Biene“, erklärt er, „ist das drittwichtigste Nutztier“ – nach Rind und Schwein. Laut Deutschem Imkerbund sind rund 80 Prozent der heimischen Nutz- und Wildpflanzen auf sie als Bestäuber angewiesen. Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Insekten geht somit weit über die Honigproduktion hinaus. Gleichzeitig ist bekanntlich auch das Insektensterben in aller Munde. Der Entomologische Verein Krefeld hatte im Jahr 2017 von einem Rückgang der Insekten um 75 Prozent innerhalb der letzten knapp 30 Jahren berichtet. „Das ist spürbar“, erklärt Hain.

Das Verschwinden von Blühpflanzen, unter anderem durch Flächenfraß und den Wandel der Landwirtschaft von kleinen Bauernhöfen zu großen Agrarbetrieben gilt als eine wichtige Ursache für diese Entwicklung: „Heute hat man am Randstreifen einer Autobahn mehr Ökologie als sonstwo“, sagt Hain. Den Bienen fehle die Nahrungsgrundlage. Ab Juli müsse man häufig zufüttern.

Dass das Bewusstsein für das Problem inzwischen weite Kreise gezogen hat und auch viele private Gartenbesitzer ihr Grundstück mit einem Insektenhotel als Nisthilfe und Winterquartier bestücken, begrüßt Hans-Joachim Friebe. Doch was gut gemeint ist, ist nicht immer gut gemacht, das hebt auch der Naturschutzwart hervor: Von Insektenhotels aus dem Baumarkt rät er ab. Vor allem im Holz liege eine große Gefahr für die Tiere: „Die Löcher müssen glatt gebohrt werden, weil sich die Insekten an ausgefranstem Holz verletzen.“ Holzschnitzel, Kiefern- und Fichtenzapfen, Stroh, Heu, Loch- und Gasbetonsteine seien ungeeignete Materialien.

Stattdessen empfiehlt der Bund für Umwelt und Naturschutz trockenes und unbehandeltes Hartholz und bei Spezialversendern gekaufte Steine aus gebranntem Ton. Auch sollten Nisthilfen vor Regen geschützt sein und nicht im Wind baumeln. Nutzlos seien jedoch alle Bemühungen ohne den passenden Lebensraum: Ein artenreicher Garten müsse es schon sein. „Die Bienen“, betont Dr. Friedhelm Hain, „brauchen das passende Catering.“

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